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Elektroreizgeräte, Sprühhalsbänder und ihre rechtliche Bewertung

Elektroreizgeräte, Sprühhalsbänder und ihre rechtliche Bewertung mit Blick auf das Tierschutzgesetz

  1. Elektroreizgeräte

1.

Gemäß § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG ist es verboten, ein Gerät zu verwenden, dass durch direkte Stromeinwirkung das artgemäße Verhalten eines Tieres, insbesondere seine Bewegung, erheblich einschränkt oder es zu Bewegungen zwingt und dem Tier dadurch nicht unerhebliche Leiden, Schmerzen oder Schäden zufügt, soweit dies nicht nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen dieses Verbot wird gemäß § 18 I Nr. 4 TierSchG als Ordnungswidrigkeit geahndet. In schweren Fällen kommt auch die Verwirklichung des Straftatbestandes des § 17 S. 1 Nr. 2 TierSchG in Betracht.

2.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unmissverständlich in seinem Urteil vom 23.02.2006 (Az. 3 C 14/05) festgestellt, dass Elektroreizgeräte, die im Rahmen der Hundeausbildung eingesetzt werden können, gegen das Verbot § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG verstoßen.

Im Urteilsfall ging es um den Einsatz eines Elektroreizgerätes durch eine Hundeschule, um unerwünschtes Verhalten wie Weglaufen oder Jagen zu unterbinden oder erwünschte Bewegungen zu erreichen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat solche Maßnahmen ausdrücklich als tatbestandliche Handlungen im Sinne von § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG . Bereits die Vorinstanz, das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Az: OVG A 3176/03), war zu dieser Beurteilung gelangt.

Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Freiburg (Breisgau) vom 15.03.2007 (Az.: 4 K 2339/05) und des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23.09.2010 (Au 5 K 10.404) korrespondieren mit der o.g. Entscheidung.

3.

Das Bundesinnenministerium hat bereits mit Erlassen von 16.04.1993 und 13.01.1995 den dienstlichen Einsatz von Elektroimpulsgeräten bei der Ausbildung von Hunden untersagt.

4.

Neben § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG ist auch § 3 S. 1 Nr. 5 TierSchG zu beachten, wonach es verboten ist, ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht Oldenburg hat in einer Entscheidung vom 20.04.1998 (Az. Ss 166/98) festgestellt, dass auch die Verwendung einer Teletakt-Attrappe gegen dieses Verbot verstößt, wenn dem Hund zuvor mit einem echten Gerät tatsächlich erhebliche Schmerzen zugefügt wurden.

  1. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnte man daran denken, Elektroreizgeräte einzusetzen, deren Maximalleistung so begrenzt ist, dass sie bauartbedingt auch potenziell nicht geeignet sind, einem Hund unerhebliche Leiden, Schmerzen oder Schäden zuzufügen. Dem steht allerdings entgegen, dass wohl keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen existieren, die allgemeingültige, tierschutzrechtlich unbedenkliche Grenzwerte für Stromreizgeräte definieren. Zudem hängt die Wirkung eines Teletaktgerätes von zahlreichen weiteren Parametern ab – individueller Hautwiderstand, Anpressdruck der Elektroden oder Feuchtigkeitsgehalt auf der Hautoberfläche –, die kaum kontrollierbar sind und auch ein stromschwaches Gerät als geeignet erscheinen lassen, können einem Hund nicht unerhebliche Leiden, Schmerzen oder Schäden zuzufügen

  1. Sprühhalsbänder.

1.

Sprühhalsbänder sind zwar elektrisch angetrieben, wirken aber nicht über direkte Stromeinwirkung auf den Hund ein. Vielmehr erfolgt die Einwirkung auf den Hund durch eine mit – variabel – hohem Druck freigesetzte Flüssigkeit oder Luft. Nach dem Wortlaut von § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG unterliegt ein Sprühhalsband daher nicht dem Verbot, weil es nicht durch direkte Stromeinwirkung auf das artgemäße Verhalten eines Tieres Einfluss nimmt. Da im Verwaltungsrecht grundsätzlich ein Analogieverbot besteht, kann die Vorschrift nicht analog auf Geräte angewendet werden, die wie Sprühhalsbänder nicht auf direkter Stromeinwirkung auf den Hund basieren.

2.

Auch in Bezug auf Sprühhalsbänder ist allerdings das Verbot des § 3 S. 1 Nr. 5 TierSchG zu beachten, das allgemeiner formuliert ist und damit auch die Verwendung eines Sprühhalsbandes untersagen würde, wenn einem Hund damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat in seiner Entscheidung vom 24.04.2014 (W 5 K 12.659) den Einsatz eines Sprühhalsbandes als tierschutzwidrig angesehen, ohne eine konkrete Rechtsgrundlage – in Betracht kommt wohl nur § 3 S. 1 Nr. 5 TierSchG – zu benennen (so offensichtlich auch das Veterinäramt des Landratsamts Aschaffenburg, das in dem Urteilsfall involviert war). Zwar betrifft das zitierte Urteil andere Rechtsfragen; die Äußerung zur rechtlichen Bewertung von Sprühhalsbändern ist ein „obiter dictum“, also eine nur beiläufig geäußerte Rechtsauffassung des Gerichts, die den eigentlichen Streitstoff nicht betrifft. Gleichwohl haben solche Äußerungen der Gerichte rechtliches Gewicht, aber in abgeschwächter Form.

3.

Bei Sprühhalsbändern wird es für deren tierschutzrechtliche Beurteilung auf die konkrete Anwendung ankommen. Problematisch ist sicher die Verwendung von Chemikalien, Reiz- oder Duftstoffen. Unproblematisch könnte die Verwendung von Wasser oder Luft als Sprühmittel sein.. Da im Rahmen von § 3 S. 1 Nr. 5 TierSchG eine konkrete – und nicht wie bei § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG eine abstrakte – Betrachtungsweise gilt, wird es stets auf die Umstände des Einzelfalles ankommen, etwa auf die Persönlichkeit des betroffenen Hundes, Ausbildungsziele, sachgerechte Anwendung etc.).

Ich erlaube mir allerdings als in der Praxis immer wieder den Einsatz von Sprühhalsbändern kritisch beobachtende Hundehalterin die Bewertung, dass der ziellose Einsatz von Sprühhalsbändern (Wasser oder Luft), nicht einmal verknüpft mit einem Kommando und damit mit einem konkreten Lernziel für unzweifelhaft gegen das Tierschutzgesetz verstößt.

Sog. Antibellhalsbänder sind nach meinem Dafürhalten ebenso erzieherisch ungeeignet wie qualvoll. Auch der der Einsatz eines Sprühhalsbandes, sobald ein Hund beginnt z.B die Nase herunter zu nehmen, in den Wind zu wittern, eine bestimmte Richtung einschlägt oder sein Tempo erhöht, führt nach meinen Beobachtungen zu großem Erschrecken und stärkster Verunsicherung, beides wird fälschlicherweise häufig mit Aufmerksamkeit verwechselt.

Wer diese Halsbänder benutzt, einsetzt oder sogar empfiehlt, sollte sich bewusst sein, dass ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ( Tierquälerei) nahe liegt.

Ein Hundetrainer mit Blick auf die Genehmigungspflichtigkeit nach § 11 Tierschutzgesetz wird sich den Einsatz eines solchen Gerätes vermutlich kaum noch erlauben können, von Reizstromgeräten ganz zu schweigen

Fazit

Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte verstößt die Verwendung von Elektroreizgeräten gegen § 3 S. 1 Nr. 11 TierSchG, wenn die Geräte potenziell geeignet sind, einem Hund erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Die Verwendung solcher Geräte kann gemäß § 17 S. 1 Nr. 2 TierSchG sogar strafbar sein.

Die Verwendung von Sprühhalsbändern liegt sicherlich in einer juristischen Grauzone. Soweit ersichtlich existieren keine Gerichtsentscheidungen, die allein die tierschutzrechtliche Bewertung dieser Geräte zum Gegenstand haben. Letztlich wird es bei dieser Bewertung auf den Einzelfall ankommen. Das bisher keine Urteile zu dem Einsatz von Sprühhalsbändern ergangen sind, entbindet den Hundehalter/trainer allerdings nicht davon einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz ins Kalkül zu ziehen oder wo bisher kein Kläger, da kein Richter.

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