(Tier-)Schutzverträge und das Gewährleistungsrecht

(Tier-)Schutzverträge und das Gewährleistungsrecht

AG Krefeld, Urteil vom 1. September 2006 – Az. 7 C 255/06 –

Berufung: LG Krefeld, Urteil vom 13. April 2007 – Az. 1 S 79/06 –

Kann man sich gegenüber einem Tierheim/ einer Tierschutzorganisation auf das Gewährleistungsrecht berufen, wenn man nicht wissentlich ein krankes Tier erworben hat?

Der Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Tierheim, Ersatz der ihr infolge einer Hüftoperation des Hundes „Sandy“ entstandenen Behandlungskosten sowie die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für zukünftige Kosten der weiteren Behandlung des Hüftschadens sowie von Folgeerkrankungen.

Die Klägerin übernahm den Hund „Sandy“ im Januar 2006 gemäß Tierüberlassungsvertrag von dem Beklagen, der in X das Tierheim betreibt. Die Klägerin behauptet, im Zeitpunkt der Übernahme habe die Hündin an beidseitig verschlissenen Kniegelenken wegen eines zuvor erlittenen Hüftbruchs gelitten, was für den Beklagten schon aufgrund des Hinkens des Hundes und im Übrigen durch die tierärztliche Untersuchung am 11.01.2006 bekannt gewesen sei. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe Ersatz der Heilbehandlungskosten aus kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten zu.

Die Entscheidung der Gerichte:

Zunächst nahm sich das Amtsgericht Krefeld des Falles an und wies die Klage vollumfänglich ab.

Daraufhin legte die Klägerin beim Landgericht Krefeld Berufung ein. Doch auch diese blieb für sie erfolglos, auch das Landgericht kam zu der rechtlichen Überzeugung, dass das Tierheim die Tierarztkosten des Hundes nicht übernehmen müsste.

Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht findet auf einen Schutzvertrag (auch Tierüberlassungsvertrag, Abgabe- oder Vermittlungsvertrag genannt) keine Anwendung, da es sich nicht um einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB handelt.

Ein Kaufvertrag scheide aus, da für einen Schutzvertrag nicht die entgeltliche Verschaffung von Eigentum an einer mangelfreien Sache, sondern die Verwahrung und Versorgung des überlassenen Tieres durch den Übernehmer prägend sei.

Dies sei insbesondere dadurch ersichtlich, dass in sogenannten Schutzverträgen Klauseln enthalten sind, die insbesondere regeln, dass der Übernehmer das Tier in einer bestimmten Art und Weise zu versorgen hat, nämlich nach den geltenden Tierschutzbestimmungen und ihm eine Weitergabe des Tieres an Dritte ohne Einverständnis des Beklagten verboten ist. Auch die Vereinbarung von „Probezeiten“ sprächen gegen die Annahme eines Kaufvertrages.

Es handle sich bei Schutzverträgen vielmehr um atypische Verwahrungsverträge, weil der Verwahrer Eigenbesitzer und Eigentümer werden soll und die Verträge entgegen der §§ 695, 696 BGB auf eine dauerhafte Verwahrung angelegt sind, bei der sowohl das Rückforderungsrecht des Hinterlegers als auch der Rücknahmeanspruch des Verwahrers ausgeschlossen sein sollen.

Mithin seien die Vorschriften der Verwahrung und nicht die des Kaufrechts auf Schutzverträge anzuwenden.

Der Klägerin stünde aber auch nach den Grundsätzen der Verwahrung ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten nicht zu.

Es sei bereits zweifelhaft, ob sich bei den Behandlungskosten überhaupt um Aufwendungen im Sinne einer freiwilligen Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen handelt, da die Hündin dauerhaft bei der Klägerin bleiben soll und es daher an dem Merkmal fehlen kann, dass die Klägerin das Vermögensopfer im Interesse eines anderen erbringt. Jedenfalls scheide ein Aufwendungsersatzanspruch deshalb aus, weil die Klägerin sich gemäß § 5 S. 1 u. 2 der allgemeinen Vertragsbedingungen verpflichtet hat, auch solche Unterhaltskosten zu übernehmen, die über die gewöhnlichen Pflegekosten hinausgehen. Genannt sind insbesondere die hier streitigen Tierarztkosten. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung stünden keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Insbesondere sei diese von dem Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung nicht gemäß § 307 BGB unwirksam.

Ein Schadenersatzanspruch gemäß § 694 BGB scheitere daran, dass es sich bei den aufgewandten und ggfls. noch aufzuwendenden Behandlungskosten um ein freiwilliges Vermögensopfer handle, da die Klägerin die Pflicht zur ordnungsgemäßen Versorgung freiwillig durch die Übernahme des Tieres übernommen habe.

Mithin sei der Beklagte nicht verpflichtet, sich an den Kosten der Behandlung zu beteiligen.

Dabei sei die Klägerin nicht schutzlos gestellt. Es stehe ihr frei bei Vorliegen der Voraussetzungen den Schutzvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anzufechten, was zur Folge hätte, dass der Schutzvertrag von Anfang an als nichtig anzusehen wäre. Der Hund müsste in diesem Fall gegen Erstattung der Schutzgebühr zurückgegeben werden und die Klägerin könnte – soweit die Voraussetzungen vorliegen – die Behandlungskosten ersetzt verlangen.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Tierschutzverträge 2016

Tierschutzverträge 2016

Übergabeverträge/Adoptionsverträge (Der Begriff Adoption ist mißverständlich aber häufig im Gebrauch. Eine Adoption von Tieren kennt unser Gesetz nicht)

Mir liegen so oft teilunwirksame, unausgewogene und völlig veraltete Tierschutzverträge auf dem Schreibtisch, dass ich nur mit dem Kopf schütteln kann. Kleine aber auch große Tierschutzorganisationen, die zwar ihnen anvertraute Tiere glauben sorgsam weiterzugeben aber anachronistische, einseitige und ihrem Anliegen so wenig gerecht werdende Verträge verwenden.

Was sollte ein vernünftiger, seriöser, ausgewogener Vertrag mindestens beinhalten:

§ 1 Eigentumsübertragung / Besitzübertragung/Übertragung der Haltereigenschaft

Unter dieser Überschrift sollte klar hervor gehen, ob Eigentum übertragen wird und wenn ja unter welchen Voraussetzungen (Achtung: Abgrenzung zum Kaufvertrag § 433 BGB)

§ 2 Gewährleistung

Eine ganz wichtige Regelung, die häufig in den üblichen Verträgen sträflich vernachlässigt wird. Der Streit zwischen Übernehmer und Übergeber ist vorprogrammiert: Der Übernehmer versucht dann die Organisation auf Haftung für Erkrankungen oder Verhaltensauffälligkeiten des vermittelten Hundes in Anspruch zu nehmen, das kann ein teures Vergnügen für den Übergeber/den Verein, die Organisation werden

§ 3 Haltung / Sorgfaltspflicht

Hier finde ich vielmals so Regelungen, dass Hunde frisches Wasser und benötigen, ordentliches Futter und nicht an der Kette gehalten werden dürfen. Dies sind Formulierungen, die mindesten 30 Jahre alt sind.

Hier erwarte ich differenzierte Regelungen auf die Bedürfnisse und Eigenheiten des vermittelten Tieres zugeschnitten. Dazu gehört auch unter Umständen den Besuch einer Hundeschule, das Führen des Hundes für eine bestimmte Zeit mit Sicherheitsgeschirr, die Klärung was geschieht, wenn der Hund entläuft (Wer sucht und wer trägt die Kosten), die ordnungsrechtliche Anmeldung oder Einholung der Haltererlaubnis, soweit erforderlich, und die Umstände einer Euthanasie (z.B. das Verbot der Euthanasie durch alleinige Verwendung des Wirkstoffes T 61 (Embutramid) https://de.wikipedia.org/wiki/Embutramid )

§ 4 Weitergabe des Hundes

Der Verbleib des Tieres ist dem Übergeber ganz besonders wichtig, denn Tierschutz bedeutet auch, sich über den eigentlichen Vermittlungsprozess hinaus sicher sein zu können, dass es dem vermittelten Hund wirklich gut geht und die Verantwortung nicht mit einer erfolgreichen Vermittlung abzulegen.“

Diese Aussage wird das Gros der Tiere vermittelnden Tierschützer unterschreiben wollen, da bin ich mir sicher. Aus diesem Grund sollte das Tier nicht ohne Einbindung des Übergebers an Dritte weitergegeben werden. Aber was bedeutet dies tatsächlich? Natürlich kann man die Weitergabe des vermittelten Tieres in einem Vertrag verbieten und mit einer Vertragsstrafe belegen, aber faktishch lässt sie die ungenehmeigte Weitergabe des Tieres nicht verhindern und ein Dritter sogar Eigentum an dem Tier erwerben, womit der Übergeber keinerlei Anspruch auf Herausgabe des Tieres hätte.

Tja Bredouille, das sehe ich ein. Aber was sind denn die Gründe dafür, dass ein Übernehmer das Tier nicht halten kann oder will. Wenn nun der Übergeber sich verpflichtet, dem Übernehmer, gleich aus welchen Gründen er das Tier abgeben bzw. nicht mehr halten möchte, hilfreich zur Seite zu stehen, wenn der Übernehmer erkannt und verstanden hat, dass sein Vertragspartner fair ist und seriöser Tierschutz sich in dem zugrundeliegenden ausgewogenen Vertrag widerspiegelt, wird sich der Übernehmer hilfesuchend an den Übergeber wenden. So könnte eine entsprechende Regelung aussehen:

Für den Fall, dass der Übernehmer den Hund aus welchem Grund auch immer nicht mehr halten kann oder möchte, ist der Übergeber unverzüglich zu informieren. Der Übergeber ist in diesem Fall verpflichtet, den Hund zurückzunehmen. Ist für den Fall, dass der Übernehmer den Hund nicht mehr halten kann oder will, keine geeignete Pflegestelle verfügbar, sollte der Hund solange im Haushalt des Übernehmers verbleiben, bis entweder eine Pflegestelle frei bzw. der Hund erneut vermittelt ist.In dem Fall, in dem der Hund den Haushalt unverzüglich verlassen muss, verpflichtet sich der Übernehmer für etwaige Unterbringungskosten einen Pauschalbetrag in Höhe von € 10,- täglich zu zahlen, bis ein adäquater Platz gefunden wird, längstens für die Dauer eines Monats ……………………..“

Dann sind natürliche weitere Frage vertraglich zu klären, so auch haftungsrechtliche in diesem Fall. Wer vermittelt dann den Hund weiter, geht Eigentum wieder zurück an den Übergeber, hat der bisherige Besitzer/Eigentümer Halter ein Mitspracherecht bei der der Neuvermittlung, Rückzahlung von Schutzgebühr usw.

§ 5 Zucht / Fortpflanzung

Eine Fortpflanzung des Hundes ist auf jeden Fall zu verhindern“. Ja das wollen alle Tierschützer und das ist auch plausibel. Was allerdings leider immer wieder zu lesen ist, ist die Verpflichtung von Hunden zur Kastration unabhängig einer medizinischen Indikation. Dies stellt einen Verstoß gegen § 6 des Tierschutzgesetzes dar. (Die Kastration von Freigängerkatzen mag man anders bewerten können)

(siehe auch https://kanzlei-sbeaucamp.de/kastration-des-hundes/

https://kanzlei-sbeaucamp.de/kastration-von-hunden-zur-verhinderung-unkontrollierter-fortpflanzung-zulaessig/)

Eine vertragliche Verpflichtung, die einen Verstoß gegen geltendes Recht beinhaltet, ist unwirksam. (§ 134 BGB) Daher ist jeder vermittelnde Tierschützer gut beraten eine wirksame Regelung in seine Verträge auszunehmen.

Wenn es doch zu Welpen kommt, wem „gehören“ diese dann, wer vermittelt sie, wer zahlt die Kosten der Aufzucht. Auch das ist zu regeln. Schön wäre es auch, wenn der Tierschutz gerade bei diesem Thema auf „aktuelle Literatur in seinen Verträgen verweisen würde wie.zB. auf das Sachbuch „Kastration und Wesen des Hundes“ von Udo Ganßloser/Sophie Strodtbeck.

§ 6 Rücktritt vom Vertrag

Was ist, wenn das Tier nach Vertragsunterzeichnung beider Parteien bis zum vereinbarten Übergabetermin eine bis dahin unbekannte schwerwiegende Krankheit oder eine erhebliche Verletzung erleidet?

In welchen weiteren Fällen möchte sich der Übergeber ein Rücktrittsrecht einräumen und wie soll bzw. kann es ausgeübt werden

§ 7 Nach“sorge“

Der Übergeber würde gerne mit dem Übernehmer in Kontakt bleiben“ das hört sich sympathisch an, das fühlt sich gut an. Nach“kontrolle“ schreckt zurück, macht misstrauisch, blockiert und wenn dann in den Verträgen noch formuliert wird, dass der Übergeber das Recht hat, jederzeit das Grundstück auch unangemeldet zu betreten, ist diese Regelung im Gesamtkontext gesehen häufig unwirksam.

§ 8 Verpflichtung des Übergebers zur Beratung/Hilfestellung

Mit diesem Vertrag verpflichtet sich der Übergeber dem Übernehmer beratend zur Seite zu stehen. Dies betrifft unter anderem Fragen der Haltung, der Ausbildung, der Gesundheit, der Auslastung.“

Das halte ich für eine ganz wichtige Aussage, die das Verhältnis zwischen Übergeber und Übernehmer kennzeichnen könnte.

(was ist eigentlich mit den Tieren, wenn der Übernehmer stirbt? Haben Sie das in ihren Verträgen geregelt

§ 9 Informationspflicht des Übernehmers

Bei Erkrankung oder Verletzung? Euthanasie?Umzug? Tasso?

§ 10 Falschangabe und Vertragsbruch

Ganz wichtig ist es nach meinem Dafürhalten wirksame Vertragsstrafen zu vereinbaren.

§ 11 Schutzgebühr / Kosten

§ 12 Weitergabe von Daten

Der Übernehmer wird darauf hingewiesen, dass seine Daten vom Übergeber archiviert werden und dem für den Übergeber zuständigen Veterinäramt unter Umständen mitgeteilt werden müssen. Der Übernehmer erklärt hierzu seine ausdrückliche Zustimmung. Mit der vereinsinternen Archivierung seiner persönlichen Daten erklärt sich der Übernehmer einverstanden.

§ 13 Schriftform / Mündliche Nebenabreden / Salvatorische Klausel/Gerichtsstand

Bitte auf wirksame aktuelle Formulierungen achten

§ 14 Zusatzvereinbarungen