Jagdhund tötet Katze Gefährlichkeitsfeststellung

Keine Ausnahme von Gefährlichkeitsfeststellung für Jagdhund nach Beißvorfall im Jagdbezirk seines Halters

Bestimmungsgemäßer Gebrauch eines Jagdhundes umfasst nicht Töten einer Katze neben Wohngebiet

Ein niedersächsischer Jäger wollte sich gerichtlich gegen die Gefährlichkeitsfeststellung seines im Sinne des Niedersächsischen Jagdgesetzes (NJagdG) ausgebildeten Deutsch-Drahthaar-Rüden wehren. Er scheiterte damit jedoch vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig (Urteil vom 23. September 2015, Aktenzeichen: 5 A 46/14, AUR 2015, 472-473).

Der Gefährlichkeitsfeststellung war ein Beißvorfall voraus gegangen, der für eine Katze tödlich endete:
Mit seinem Jagdhund an der Leine fuhr der Mann auf der Rückkehr von einer Kontrollfahrt in seinem Jagdrevier einen Feldweg entlang, der ebenfalls noch zu seinem Revier gehört. Von diesem aus wollte er auf eine Straße in ein direkt angrenzendes Wohngebiet einbiegen, als sein Hund im etwa fünf Meter entfernten Gras eine Katze witterte und deshalb so stark an der Leine riss, dass sein Halter das Gleichgewicht verlor und mit dem Fahrrad umstürzte. Der Jagdhund erfasste die Katze, biss zu und schüttelte sie; trotz tierärztlicher Intensivbehandlung verstarb sie zwei Tage später an ihren schweren Verletzungen.

Daraufhin stellte die Behörde eine gesteigerte Aggressivität des Hundes und damit seine Gefährlichkeit nach § 7 NHundG fest. Gegen diese Gefährlichkeitsfeststellung wandte sich der Jäger mit dem Argument, sein Hund habe die Katze entsprechend seiner jagdlichen Ausbildung und deswegen im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs als Jagdhund gefasst. Er sei im Rahmen seiner Ausbildung dahingehend geschult, wildernde Hunde und Katzen zu ergreifen und abzutun, und bei der Situation, in der sein Hund die Katze gebissen hatte, habe es sich um eine jagdähnliche Situation gehandelt: Denn die im Gras streunende Katze sei für seinen Jagdhund kein Haustier, sondern ein wilderndes Wildtier gewesen.

Dieses Argument ließ das Gericht jedoch nicht gelten. Es betonte, dass eine Ausnahme von der Gefährlichkeitsfeststellung bei einem Beißvorfall wie dem hier vorliegenden nur dann möglich sei, wenn es sich um ein sogenanntes erlaubtes Beißen im  Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs etwa eines Dienst-, Wach- oder Jagdhundes gehandelt hat. Dies war hier jedoch gerade nicht der Fall, denn die Katze hatte sich sehr nahe am nächsten Wohnhaus aufgehalten, was nicht den Vorgaben des § 29 NHundG entspricht. Danach dürfen Jäger in ihrem Jagdbezirk wildernde Katzen töten, wenn sich diese mehr als 300 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt befinden. So führte das Gericht in seinem Leitsatz aus: „Von einer Gefährlichkeitsfeststellung nach § 7 Abs. 1 NHundG ist nach einem Beißvorfall nicht ausnahmsweise deshalb abzusehen, weil der betreffende Hund als Jagdhund ausgebildet und sich auf einer Kontrollfahrt innerhalb des Jagdbezirks seines Halters befunden hat, wenn das Beißen mit den jagdrechtlichen Bestimmungen nicht in Einklang gestanden hat und insbesondere die Voraussetzungen des Jagdschutzes nach § 29 NJagdG offensichtlich nicht vorgelegen haben.“

Außerdem stellte das Gericht darauf ab, dass der Jagdhund die Katze aufgrund eines eigenmächtigen Entschlusses gefasst und hierdurch seinen Halter, der ihn an der Leine geführt hatte, derart überrascht hatte, dass dieser vom Fahrrad gefallen war und infolgedessen nicht mehr auf ihn einwirken konnte. Daher könne, so das Gericht, nicht davon ausgegangen werden, dass von der Hundehaltung des Jägers keine Gefahren für andere Menschen oder Tiere ausgehen. Die Gefährlichkeitsfeststellung seitens der Behörde sei also rechtmäßig.

 

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Susan Beaucamp

Gefährlichkeit eines Hundes in Niedersachsen nach dem NHundG

Gefährlichkeit eines Hundes in Niedersachsen nach dem NHundG

Niedersächsisches OVG  Beschluss 11 ME 423/11.
Die Gefährlichkeit eines Hundes in Niedersachsen nach dem NHundG kann von der Behörde bereits dann festgestellt werden, wenn der Hund erstmals und einmalig einen Artgenossen beißt.
Dies entschied das Niedersächsische OVG in seinem Beschluss 11 ME 423/11.
Geklagt hatte die Halterin einer Boxermischlingshündin. Ihr Tier befand sich besuchsweise auf einem fremden, nicht umschlossenen Grundstück. Als die Hündin, hiervon ab, auf die anliegende öffentliche Straße lief, begegnete ihr ein Jack-Russel-Terrier. Zwischen den Tieren ereignete sich eine Auseinandersetzung, wobei der Boxermischling den Terrier in das Ohr biss und hierdurch eine blutende Wunde verursachte. Die zuständige Behörde stellte daraufhin die Gefährlichkeit der Mischlingshündin gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 NHundG fest. Hiernach heißt es, dass die Fachbehörde einen Hinweis, ein Hund weise eine gesteigerte Aggressivität auf, insbesondere weil er einen anderen Hund gebissen habe, prüfen müssen und bei Bestätigung dieser Prüfung die Gefährlichkeit des Tieres festzustellen hat. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass der Biss ihres Hundes keine gesteigerte Aggressivität anzeige, sondern zum tierisch bedingten Normalverhalten eines Hundes zähle. Die Gefährlichkeitsfeststellung sei nicht angemessen.
Das vorangegangene Verwaltungsgericht gab der Klägerin zunächst Recht. Es entschied, dass ein Beißvorfall zwischen Hunden per se die Gefährlichkeit des Tieres nach § 7 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 NHundG nicht vermuten lässt. Vielmehr müssten weitere Hinweise vorliegen, nach denen von einer gesteigerten, also nicht art- und situationsgerechten, Aggressivität auszugehen ist.
Diese Einschätzung teilte das OVG als Beschwerdeinstanz jedoch nicht. Es entschied, dass jeder Hundebiss, sofern er nicht nur ganz geringfügige Verletzungen verursacht, bereits ausreiche, um die Gefährlichkeit eines Hundes annehmen zu können. Da OVG begründete diese Entscheidung damit, dass § 7 Abs. 1 NHundG der Gefahrenvorsorge diene. Um effektiv die öffentliche Sicherheit zu wahren und die Bevölkerung hierbei vor bissigen Hunden zu schützen, sei es erforderlich, bereits frühzeitig nötige Maßnahmen zu treffen. Dieser Schutz sei nicht möglich, wenn entsprechende Maßnahmen erst beim Vorliegen konkreter Gefahren getroffen werden können. Vorbeugender Schutz sei nur durch vorsorgliches Einschreiten, bereits beim Vorliegen abstrakter Gefahren garantiert. Hiernach sei folglich ein Beißvorfall bereits für die Gefährlichkeitsfeststellung ausreichend, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedürfe.
Insofern durch diese Feststellung im Einzelfall bedenkliche und unangemessene Folgen für Tier und Halter zu befürchten sind, zum Beispiel weil sich der betroffene Hund nach umfassender Betrachtung als gesellschaftsverträglich erweist, so ändert dies nichts an der ersten Einschätzung der Behörde. Vielmehr seien in solchen Fällen die Rechtsfolgen entsprechend anzupassen. Eine solche Anpassung sieht § 14 Abs. 3 S. 2 NHundG vor, wonach ein als gefährlich eingestuftes Tier nach bestandener Wesenprüfung vom Leinenzwang befreit werden kann.