Hundebesitzerin bei “Rauferei” gebissen – Schmerzensgeld?

Findet zwischen dem eigenen Hund und einem anderen Hund eine “Rauferei” statt, bei der einer der Halter von dem anderen Hund gebissen wird, so ist die Tiergefahr des Hundes desjenigen, der gebissen wurde bei der Höhe des Schadensersatzanspruches zu berücksichtigen.

Amtsgericht München, Urteil vom 01.04.11 – 261 C 32374/10

Sachverhalt:

Im November 2009 führten zwei Hundehalterinnen  ihre Hunde, einen Labradormischling und einen Rhodesian Ridgeback, im englischen Garten aus. Im Verlauf des Spaziergangs kam es zwischen den beiden Hunden zu einer “Rauferei”. In dem Moment, als die Hunde auseinandergingen, fasste die Besitzerin des Labradormischlings, die spätere Klägerin, ihren Hund und hielt ihn fest. Der Rhodesian Ridgeback lief daraufhin auf die beiden zu und biss der Klägerin in die Hand.

Die Klägerin erlitt eine Blutvergiftung, hatte Fieber und starke Schmerzen. Zudem konnte die Klägerin erst drei Monate später wieder ohne Einschränkungen arbeiten gehen. Weiterhin litt die Klägerin unter Folgeschäden in Form von Narben, einer Sensibilitätsstörung auf dem Handrücken und Spannungsschmerzen. Die Klägerin verlangte nun Schmerzensgeld von der Besitzerin des Rhodesian Ridgeback. Die Haftpflichtversicherung zahlte der Klägerin insgesamt einen Betrag in Höhe von 750 Euro. Diese Summe reichte der Geschädigten jedoch nicht, sodass sie Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung weiterer 2.250 Euro erhob.

 

Entscheidung:

Das Gericht stimmte der Klägerin teilweise zu und verurteilte die Halterin des Rhodesian Ridgeback, die Beklagte, zu weiteren 1.250 Euro Schmerzensgeld.

Kürzung des Schmerzensgelds wegen Tiergefahr des eigenen Hundes

Eine Schmerzensgeldforderung in Höhe von 2.500 Euro sei im Hinblick auf die Verletzungen der Klägerin grundsätzlich berechtigt. Die Tiergefahr ihres eigenen Hundes müsse jedoch  haftungsmindernd berücksichtigt werden. Der gebissenen Hundehalterin stehe deswegen nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro zu. Die bereits gezahlten 750 Euro seien davon abzuziehen. Die Klägerin habe damit noch einen Anspruch auf 1.250 Euro Schmerzensgeld gegen die Halterin des anderen Hundes.

Die Richterin argumentierte, dass die Aggression von dem Hund der Klägerin ausgegangen sei und dieser die Verletzungsgefahr seiner Halterin mitgeschaffen habe, die sich dann im Biss des anderen Hundes realisierte. Auch kurz nach der “Rauferei” seien die Hunde noch so erregt gewesen, dass der Biss unmittelbar aus der “Rauferei” resultiere. Ein eigenes Mitverschulden der Klägerin sei allerdings nicht gegeben. Die Klägerin sei nicht mit bloßen Händen in die Rauferei eingeschritten, um die zwei Hunde zu trennen, das Handeln der Klägerin sei nachvollziehbar und zulässig und führe zu keiner weiteren Minderung des Schmerzensgelds.(Anmerkung der Unterzeichnerin: anders ist es allerdings, wenn “raufende” Hunde durch die Halter getrennt werden und einer der Halter hierbei verletzt wird. Die Rechtsprechung sieht hier in dem Verhalten der Hundehalter ein Mitverschulden das im schlechtesten Falle dazu führen kann, dass dem verletzten Hundehalter keinerlei Schadensersatzansprüche (Schmerzensgeld) zustehen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Haltungsuntersagung eines Labrador Retriever („großen Hundes“)

VG Düsseldorf, Urteil vom 03.02.2016 – 18 K 6428/15

Sachverhalt:

Der Kläger erwarb einen am 06.01.2013 geborenen Hund der Rasse Labrador Retriever beim Vorbesitzer und meldete diesen noch am selben Tag (12.08.2014) im Wege der Online-Hundesteuer-Anmeldung an. Das Ordnungsamt der Beklagten bestätigte die Anmeldung und verlangte den nach § 11 Landeshundegesetz NRW vorausgesetzten Nachweis der Sachkunde sowie einen aktuellen Nachweis über eine abgeschlossene Haftpflichtversicherung. Nach erfolglosen Fristsetzungen zum 17. Juni 2015 und dem 16. Juli untersagte das Ordnungsamt mittels Bescheides vom 03. September die Haltung des Labradors sowie anderer so genannter großer Hunde gemäß § 11 Landeshundegesetz NRW. Der Hund müsse innerhalb von zwei Wochen an eine andere Person oder Stelle abgegeben werden und es müsse ein Nachweis über dessen Verbleib erbracht werden, so das Ordnungsamt. Ebenso wurde eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 170 € festgesetzt. Die Begründung der Halteuntersagung stützte sich darauf, dass die Voraussetzungen nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgewiesen wurden.

Der Kläger erhob am 22. September 2015 Klage gegen diese Ordnungsverfügung. Er berief sich darauf, dass sein Hund versichert sei und seine Verlobte die notwendige Sachkunde habe. Im Übrigen könne er versichern, dass er vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mehr als drei Jahre lang einen großen Hund gehalten habe, was nach dem Internetauftritt der Beklagten den förmlichen Sachkundenachweis ersetze.

 

Entscheidung:

Die Klage hatte Erfolg. Die Ordnungsverfügung des Ordnungsamtes vom 3. September 2015 war rechtswidrig, der Kläger durfte seinen Hund behalten. Das Gericht argumentierte wie folgt:  

Gemäß § 11 Abs. 2 Landeshundegesetz NRW dürfen große Hunde nur gehalten werden, wenn die Halterin oder der Halter die erforderliche Sachkunde oder Zuverlässigkeit besitzt, den Hund fälschungssicher mit einem Mikrochip gekennzeichnet und für den Hund eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und dies gegenüber der zuständigen Behörde nachweist.

Die Beklagte habe es noch nicht einmal geschafft darzulegen, geschweige denn zu beweisen, dass es sich bei dem Labrador um einen großen Hund im Sinne des § 11 Abs.1 Landeshundegesetz NRW handele. Sie sei für die Eingriffsvoraussetzungen aber darlegungs- und beweispflichtig.

Große Hunde sind solche, die eine Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg erreichen, § 11 Abs. 1 Landeshundegesetz NRW. Abweichend davon habe der Kläger bei seiner Online-Anmeldung vom 12. August 2014 die Widerristhöhe seines Labradors mit 38 cm und das Gewicht mit 18,5 kg angegeben. Obwohl diese Angaben für einen ausgewachsenen Retriever wenig wahrscheinlich seien, so sei es allein Sache der Beklagten Beweise zu erbringen, warum diese Angaben nicht zuträfen. Der Umstand, dass der Kläger der Einstufung seines Hundes als groß nie widersprochen habe, mache ihn nicht zum großen Hund. Es mangele seitens der Beklagten an Anhaltspunkten für eine Messung oder Wiegung des Labradors. Es sei noch nicht einmal dokumentiert, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes den Hund gesehen und hierbei nach Größe und Gewicht geschätzt hätten.

Ebenso sei Ziffer 2, Satz 2 der Ordnungsverfügung, wonach der Kläger den Hund nicht an eine mit ihm in einem Haushalt lebende Person abgeben darf, wegen Verstoßes gegen §15 Abs. 1 Landeshundegesetz NRW in Verbindung mit § 20 Abs. 2 S.1 OBG NRW rechtswidrig. Sie habe lediglich den Zweck, den Ordnungsbehörden die Aufsicht zu erleichtern. „Vorbehaltlich nachzuweisender Sachkunde und Zuverlässigkeit steht es mit dem Kläger in einem Haushalt lebenden Personen frei, von diesem einen großen Hund zu übernehmen, wenn damit tatsächlich die Aufgabe der Haltereigenschaft durch den Kläger und die Begründung der Haltereigenschaft durch die andere Person einher geht.“ Die Beklagte habe etwaige Umgehungsabsichten seitens des Klägers zu prüfen und könne ihm nicht einfach, um sich die Prüfung zu sparen, die Abgabe des Hundes an eine mit ihm im Haushalt lebende Person verbieten.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Umzug mit einem sog. Listenhund aus einem anderen Bundesland, zum Beispiel Niedersachsen, nach NRW

VG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2017 – 18 K 6990/15

Für die Haltung bestimmter Hunde gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Voraussetzungen, die der Hundehalter erfüllen muss. Je nach Bundesland gibt es verschiedene Verordnungen, in denen einzelne Hunderassen als gefährlich eingestuft (Listenhunde) und strenge Anforderungen an die Haltung gestellt werden. Es ist deswegen notwendig sich bei einem Umzug in ein anderes Bundesland genau über die Vorgaben dort zu informieren, da es bei einem Verstoß zu einer Haltungsuntersagung des Hundes kommen kann. So auch im folgenden Fall.

Sachverhalt:

Der Kläger und seine damalige Frau wohnten vom 21.12.2005 bis zum 20.04.2015 in NRW, wo er in der Straße I in der Stadt E gemeldet war. Am 27.05.2015 meldete er sich rückwirkend zum 20.04.2015 in der Straße C in Niedersachsen an. Dort erwarb er seinen Hund „Devil, einen American Staffordshire Terrier. (Der Erwerb und die Haltung eines American Staffordshire Terrier bedürfen in Niedersachsen keiner besonderen Erlaubnis!).  Dann meldete er sich am 08.07.2015 erneut in der Stadt E in NRW an; diesmal aber in der Straße N.

Am 20.05.2015, also zu der Zeit als er schon in Niedersachsen gewohnt haben soll, informierte ein Bewohner der Straße N die Stadt E in NRW (Beklagte), dass der Kläger und seine Frau in seiner Straße wohnen würden und einen American Staffordshire Terrier hielten. (Der American Staffordshire Terrier zählt in NRW zu den gefährlichen Hunde, deren Haltungserlaubnis und Erwerb an strenge Bedingungen geknüpft sind!) Daraufhin begab sich eine Außendienstmitarbeiterin der Beklagten am 25.06.2015 zur genannten Adresse, wo sie einer Frau begegnete, die gerade mit einem Hund namens Devil spazieren ging. Sie erzählte, dass sie sich um den Hund kümmere, wenn der Kläger sich in der Stadt E aufhalte.

Am 08.07.2015 meldete der Kläger seinen Hund in NRW an. Er gab an, den Hund beim Umzug aus Niedersachsen mitzubringen. Auch beim Ordnungsamt der Beklagten meldete er sich noch am gleichen Tag und verschickte mit einem Fax einen Meldebogen für „große Hunde“. Damit meldete er den Staffordshire Terrier an. Er teilte mit, seit dem 28.04.2015 Halter des Hundes zu sein.

Am 24.07.2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er Halter eines American Staffordshire Terrier sei, demnach eines „gefährlichen Hundes“. Er habe die erforderliche Sachkundeprüfung absolviert und zudem ein eigenes Konzept zur Vorbereitung auf die Sachkundeprüfung erstellt. Auch wisse er um die Verantwortung, die mit dem Halten eines solchen Hundes einhergehe, weswegen er mit seinem Hund eine Hundeschule besuche.

Die Beklagte sah die Voraussetzungen zur Haltung eines gefährlichen Hundes als nicht erfüllt an und gab dem Kläger mittels eines Schreibens vom 18.08.2015 nach § 28 VwVfG die Möglichkeit sich bis zum 02.09.2015 zu der beabsichtigten Haltungsuntersagung zu äußern.

Inhalt der Ordnungsverfügung vom 18.09. 2015:                               

Die Beklagte untersagte dem Kläger, die weitere Haltung des Hundes und forderte ihn auf, ihn bis zum 07.10. 2015 abzugeben. Zudem untersagte sie ihm ab dem 08.10. 2015 die Haltung, Führung und Betreuung von gefährlichen Hunden nach dem Landeshundegesetz (LHundG).         Außerdem ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Maßnahmen an. Des Weiteren drohte sie bei Nichteinhaltung mit einer Beschlagnahmung des Hundes, sowie die sofortige Wegnahme aller entgegen der Ordnungsverfügung gehaltenen, geführten Hunde oder betreuten Hunde.

Gegen die Ordnungsverfügung reichte der Kläger beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage ein.

Er führte an, dass ihm zu wenig Zeit zu seiner Stellungnahme gegeben worden sei. Weiterhin erklärte er, dass es sich bei seiner Anmeldung in Niedersachsen nicht um eine Scheinanmeldung (wie von der Beklagten behauptet) handele. Er habe dort gelebt und sich wegen seiner Firma oft in E aufgehalten. Die Firma habe dort zwei Büros. Ein Büro sei in der Straße I, ein zweites in der Straße N. Deswegen sei auch die Post aus dem Büro in der  Straße N verschickt wurden. Während seiner Zeit in Niedersachsen, habe er den Hund Devil von einem Privatmann gekauft und ihn ordnungsgemäß nach dem niedersächsischen Landeshundegesetz angemeldet. Nach einiger Zeit habe er sich entschieden nach E zurückzukehren. Er habe sich telefonisch bei D erkundigt, ob und wie das mit einem Hund dieser Rasse möglich sei. Man habe ihm nicht erklärt, dass die Dauer seines Aufenthalts in Niedersachsen von Bedeutung sei. Am 08.07.2015 sei Devil von ihm mit der richtigen Rassebezeichnung angemeldet worden. Auf der Seite der Stadt E habe er keinen Antrag auf Haltungserlaubnis nach §§ 3, 4 LHundG gefunden, sodass seine Halteranzeige für große Hunde im Sinne des Meistbegünstigungsgrundsatz als Antrag auf Erteilung einer Haltungserlaubnis ausgelegt werden müsse. Die Voraussetzungen für die Erlaubnis lägen vor. Auch liege das im LHundG geforderte private Interesse vor, da er den Hund rechtmäßig in Niedersachsen gekauft habe. Weiterhin stehe es gemäß Art. 11 GG ihm zu, an jedem Ort innerhalb Deutschlands zu wohnen und seinen Hund als sein Eigentum mitzunehmen. Das Landeshundegesetz NRW könne sein Grundrecht aus Art. 11 GG nicht einschränken. Deswegen müsse ihm die Haltungserlaubnis für den Hund erteilt werden. Auch könne man ihm nicht verbieten, bestimmte Hunde zu halten, da er zuverlässig sei. Er habe am 11.03.2015 beim zuständigen Veterinäramt den nach dem LHundG NRW erforderlichen Sachkundenachweis absolviert und vom Ordnungsamt die Erlaubnis zum Ausführen eines anderen Staffordshire-Terrier (Pluto) aus dem Tierheim in E erhalten.

Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen:

Sie erläuterte, dass kein Anhörungsmangel vorliege, da der Kläger genug Zeit zur Stellungnahme gehabt habe. Weiterhin habe er bereits am 11.03.2015 den Sachkundenachweis nach LHundG NRW abgelegt, sodass er über die Vorgaben bei der Haltung eines gefährlichen Hundes in Nordrhein-Westfalen Bescheid wisse. Er sei nur für einen kurzen Zeitraum in Niedersachsen gemeldet gewesen, was zu der Annahme führe, dass er nur umgezogen sei, um eine Legalisierung der Haltung seines privat erworbenen Welpen zu bezwecken. Der Kläger habe gewusst, dass der Umzug nach NRW mit einem gefährlichen Hund schwierig sei. Deswegen hätte er sich beim Ordnungsamt genau darüber informieren müssen. Das Bestehen eines besonderen privaten Interesses zur Haltung des Hundes sei nicht ersichtlich. Zudem sei zu bezweifeln, dass der Hund nur zum Hundetraining nach E. gebracht worden sei. Auch die Angaben hinsichtlich des Tierheimhundes Pluto hätten Fragen aufgeworfen. Entgegen der Beschreibung des Klägers sei er als unzuverlässig angesehen worden, sodass von jeder Vermittlung eines Hundes abgesehen worden sein.

 

Entscheidung:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Ordnungsverfügung der Stadt E vom 18.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 I 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Haltungserlaubnis für den American Staffordshire-Terrier Devil.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf argumentiert wie folgt:

§ 12 II 1 LHundG NRW untersage die Haltung eines gefährlichen Hundes, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht gegeben sind, eine Erlaubnis nicht innerhalb der Frist beantragt oder eine Erlaubnis versagt worden ist. Bei dem Hund handele es sich um einen gefährlichen Hund nach LHundG. Der Kläger habe keine solche Erlaubnis und erfülle in seiner Person auch nicht die Voraussetzungen einer Erlaubniserteilung. Unabhängig davon, ob er zuverlässig sei oder nicht, läge kein besonderes privates oder öffentliches Interesse an der weiteren Haltung vor. Ein öffentliches Interesse könne grundsäztzich bei einem Tierheimhund (aus NRW), der an eine Privatperson vermittelt werden soll, bejaht werden. Der Kläger habe den Hund aber nicht aus einem Tierheim übernommen, sondern privat gekauft. An ein besonderes Interesse seien enge Bedingungen geknüpft, um die Menschen ausreichend vor gefährlichen Hunden zu schützen. Aus diesem Grund ergebe sich ein privates Interesse nicht allein daraus, dass er den Hund in Niedersachsen (wo er ihn ohne Erlaubnis halten durfte) gekauft und angemeldet hatte und ihn dann bei dem Umzug nach Nordrhein-Westfalen mitbrachte.                                                                 

Weiterhin könne sich der Kläger nicht auf Vertrauens oder Bestandsschutz berufen, da er die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen vor seinem Umzug kannte.

Der Verweis des Klägers auf Art. 11 GG, nach dem er Freizügigkeit genieße und sein Eigentum mitnehmen dürfe, ergebe keine andere rechtliche Bewertung des Falles. Die strengen Vorschriften sollen den Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Hunden gewährleisten. Sie seien deswegen verfassungskonform.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Zur Einstufung eines American Bullys als gefährlicher Hund

Listenhunde

Listenhunde NRW

OVG Münster, Beschluss vom 11.06.2018 – 5 B 222/18

Sachverhalt:

Die Antragstellerin ist Halterin eines sogenannten American Bullys. Sie erhielt von der zuständigen Ordnungsbehörde eine Ordnungsverfügung, nach welcher ihr die Haltung des American Bullys untersagt und sie zur Abgabe des American Bullys aufgefordert wurde. Für den Fall, dass sie der Anordnung nicht nachkomme, wurde ein Zwangsmittel angeordnet. Zusätzlich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Hiergegen beantragte die Hundehalterin vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Köln. Dieses hatte zunächst den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen. Gegen die Entscheidung legte die Antragstellerin Beschwerde zum OVG ein.

 

Entscheidung:

Das OVG Münster gab der Beschwerde statt und ordnete die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage an.

Erstinstanzlich hatte das Verwaltungsgericht Köln zunächst angenommen, dass die Einordnung des American Bullys als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW keinen ernstlichen Zweifeln begegne. Unstreitig handele es sich bei dem Hund der Antragstellerin um einen American Bully. Dies ist eine Züchtung aus American Staffordshire Terriern und Pitbull Terriern, ohne dabei selbst eine anerkannte Hunderasse zu sein. Daher seien American Bullys als Kreuzungstiere im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW anzusehen, da ganz regelmäßig der Phänotyp einer der beiden Rassen hervortrete. Dies sei auch hier von der Amtstierärztin im Rahmen eines Rassengutachtens festgestellt worden.

Das Oberverwaltungsgericht hegte an dieser Ansicht jedoch erhebliche Zweifel, denn der American Bully ist zwar weder nach FCI noch nach VDH eine eigene Hunderasse, wohl aber seit 2013 nach dem amerikanischen United Kennel Club (UKC), der einen entsprechenden Rassestandard anerkannt hat. Es komme daher zumindest in Betracht, dass es sich bei dem American Bully nicht lediglich um eine Kreuzung, sondern um eine eigenständige Hunderasse handelt, welche nicht von § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG umfasst ist.

Das Gesetz verwendet den Begriff der Rasse ohne ihn genauer zu definieren, es bezieht sich insoweit auf die Definitionen der Rassestandards durch Zuchtverbände. Unter welchen Voraussetzungen ein Hund, der nicht einer im Gesetz ausdrücklich genannten Hunderassen angehört, dennoch als gefährlicher Hund eingestuft werden kann, ist gerichtlich noch nicht allgemein und abschließend entschieden.

Handelt es sich bei dem Hund der Antragstellerin nicht um einen gefährlichen Hund im Sinne des   § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW, so wäre der Hund lediglich als großer Hund gemäß § 11 Abs. 1 LHundG NRW einzustufen. Eine Haltungsuntersagung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW hätte dann keine Grundlage. Sollte man jedoch zu dem Schluss kommen, dass der Hund als gefährlich im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW einzustufen ist, so lägen die Voraussetzungen für eine solche Verfügung vermutlich vor, da die Halterin kein besonderen privates Interesse an der Haltung des Hundes dargelegt hat. Die Verfügung wäre dann aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden.

Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren bedarf es einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und denen des Antragsgegners im Hinblick auf die Folgen der sofortigen Vollziehung, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach summarischer Prüfung offen sind. Diese Abwägung fällt hier zu Lasten der Behörde aus. Würde die Beschwerde zurückgewiesen und würde sich in der Hauptsache die Verfügung als rechtswidrig erweisen, so bestünde die Gefahr, dass der American Bully zu Unrecht in ein Tierheim verbracht werden müsste. Hierbei würden Kosten entstehen und der American Bully würde aus seinem gewohnten Umfeld gerissen. Da der American Bully zudem bislang anstandslos von der Antragstellerin gehalten wurde, ist keine konkrete Gefahr für Dritte erkennbar, würde der American Bully bis zur endgültigen Entscheidung bei ihr verbleiben.

Die endgültige Entscheidung darüber, ob ein American Bully nun als Kreuzung oder als eigenständige Rasse – die jedoch nicht vom LHundG umfasst ist – anzusehen ist, bleibt bis zur Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Zur Unterscheidung zwischen Standard Bullterrier und Miniatur-Bullterrier mit Blick auf das LHundG

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2016, Az. 18 L 3440/16

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Feststellung des zuständigen Ordnungsamtes, dass es sich bei dem von der Antragstellerin gehaltenen Hund um einen Bullterrier handele, dessen Gefährlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 LHundG Nordrhein-Westfalen vermutet werde. Die Antragstellerin behauptet, dass es sich bei ihrem 39 cm großen und 15 kg schweren Hund um einen Miniatur-Bullterrier handele.

 

Der Beschluss

Das Verwaltungsgericht gab der Behörde Recht.

Die Antragstellerin konnte nicht glaubhaft machen, dass es sich bei ihrem Hund um einen solchen der Rasse Miniatur-Bullterrier handelt. Nach dem äußeren Erscheinungsbild (Phänotyp) handele es sich bei diesem wegen dessen Größe deutlich wahrscheinlicher um einen Bullterrier als um einen Miniatur-Bullterrier. Bei den von der FCI anerkannten Hunderassen „Bullterrier“ und „Miniatur-Bullterrier“ handele es sich um zwei verschiedene Rassen. Mit Ausnahme der Angaben zur Größe, die ausschließlich bei dem Miniatur-Bullterrier vorhanden seien und wonach dessen Widerristhöhe 35,5 cm nicht überschreiten solle, sind die Rassebeschreibungen wortgleich. Ein Miniatur-Bullterrier unterscheide sich vom Bullterrier aufgrund der jeweils wortgleichen Rassebeschreibungen daher nur durch die insgesamt proportional kleineren Abmessungen. Eine Unterscheidung anhand von individuell unterschiedlichen Rassemerkmalen ist bei vollständig wortgleichen Merkmalen der Rassebeschreibungen denklogisch schon deshalb nicht möglich, weil es an geeigneten Anknüpfungsmerkmalen in der Rassebeschreibung fehlt. Soweit bestimmte Gutachter der Auffassung seien, Bullterrier und Miniatur-Bullterrier durch besondere phänotypische Merkmale außerhalb der Größe voneinander differenzieren zu können und insofern auch in der Rechtsprechung bereits Gehör gefunden hätten, bestünden systematische Bedenken gegen diese Auffassung (Die Verfasserin teilt diese Bedenken nicht). Einen Abstammungsnachweis konnte die Antragstellerin nicht vorlegen. Der von ihr behauptete Vater des Hundes, habe seinerseits die Soll-Größe für Miniatur-Bullterrier um 2,5 cm überschritten und habe aus diesem Grund sowieso nicht zur Zucht eingesetzt werden dürfen. Dies ergebe sich schon aus dem zweiten N.B. (nota bene) aller Rassebeschreibungen des FCI, wonach zur Zucht ausschließlich funktional und klinisch gesunde, rassetypische Hunde verwendet werden sollen.

Es läge auf der Hand, dass bei der beabsichtigten Zucht von Miniatur-Bullterriern die Soll-Größe von 35,5 cm als phänotypisches Merkmal entwertet würde, wenn zur Zucht auch nur ein Elternteil zugelassen wird, welches das Kriterium „Widerristhöhe kleiner oder gleich 35,5 cm“ nicht erfüllt. Bei Zulassung einer solchen Zuchtpraxis wäre die Einhaltung der Soll-Größe vom Zufall abhängig und würde eine Unterscheidung des Miniatur-Bullterriers vom Bullterrier bis auf weiteres unmöglich machen.. Auf dieses Ziel scheine die einschlägige deutsche Zuchtpraxis gerichtet, wenn Züchter in der Vergangenheit sogar Hunde mit einer Widerristhöhe von über 39 cm  zur Zucht von (als Miniatur-Bullterriern deklarierten) Hunden eingesetzt hätten. ( Hinweis für Züchter von Miniatur Bullterriern in NRW: Soweit diese mit Hunden über 35,5 cm züchten könnten dies als massiver Verstoß gegen das LHundG NRW gewertet werden.)

Aus Sicht des Gerichts bestünde der Verdacht, dass in den einschlägigen Kreisen nicht die Absicht bestünde, rassetypische Miniatur-Bullterrier zu züchten (diese wären nämlich kleiner oder gleich 35,5 cm groß), sondern solche Hunde, die dem Phänotyp des Bullterriers insbesondere aufgrund ihrer Größe (ganz oder annähernd) entsprechen, ohne dessen Namen tragen zu müssen. Die Gründe hierfür lägen angesichts der unterschiedlichen rechtlichen Behandlung der Rassen auf der Hand.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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