Hundebiss – Haftungsausschluss wegen Mitverschulden?

Wenn einfache Zuwendungen gegenüber Haustieren auf der Notarztstation enden

OLG Oldenburg – 9 U 48/17

 

Sachverhalt:

Der Beklagte hatte die Klägerin zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen. Der Hund des Beklagten lief auf dem Fest frei zwischen den Gästen herum. Erst vor drei Wochen hatte der Beklagte den Hund  aus einem Tierheim in Rumänien mitgebracht. Die Klägerin beugte sich zu dem Hund herunter. Daraufhin biss der Hund ihr unvermittelt ins Gesicht, wobei Biss-, Riss- und Quetschwunden entstanden, die notärztlich behandelt und in der Folge wiederholt operiert werden mussten. Die Klägerin verklagte den Hundehalter daraufhin auf Zahlung von Schadensersatz. Der Hundehalter lehnte die Zahlung jedoch ab und berief sich darauf, dass die Klägerin immerhin ein gewichtiges Mitverschulden treffe,  denn es sei zu Beginn der Feier deutlich darum gebeten worden, den Hund weder zu streicheln noch zu füttern. Daher habe sich die Klägerin auf eigene Gefahr hin zu dem Hund herunter gebeugt.

 

Entscheidung:

Der Hundehalter wurde vom Landgericht Osnabrück dazu verurteilt, den Schadensersatz in voller Höher an die Klägerin zu entrichten. Die daraufhin eingelegte Berufung wurde nach entsprechendem Hinweis des Oberlandesgerichts Oldenburg von dem Beklagten zurückgenommen.

Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, dass sich durch den Biss die typische Tiergefahr des Hundes realisiert hat. Die Beweisaufnahme hat erbracht, dass die Klägerin sich nur zu dem Hund herunter gebeugt hatte bevor dieser zu biss. Sie hat weder versucht den Hund anzufassen, noch zu füttern. Darüber hinaus  kommt hinzu, dass der Hund auf der Feier frei herumlief. Nach Anschauung des Gerichts darf ein Gast darauf vertrauen, dass bei einem frei herumlaufenden Haustier, bei gewöhnlichem Herunterbeugen, dieses nicht sofort aggressiv reagiere und attackiere. Die Klägerin treffe insoweit auch kein Mitverschulden, denn wer einen Hund auf einer Feier frei herumlaufen lässt, kann sich nicht auf ein Mitverschulden berufen, wenn der Geschädigte bei einer einfachen  Zuwendung zu dem Hund gebissen wurde, denn diese Zuwendung stellt einen angemessenen Umgang mit einem Hund dar. Das Aussprechen einer einfachen Warnung, den Hund nicht anzufassen und/oder zu füttern, ändert daran daher auch nichts.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Schmerzensgeld nach Hundebiss

Schmerzensgeld nach Hundebiss – Das gesetzliche Fundament

Der Hund gilt als bester Freund des Menschen. Dennoch ist er in seinen Ursprüngen ein Raubtier. Auf dieser Grundlage und in Folge falscher Haltung kommt es jährlich zu 30.000 bis 50.000 Bissunfällen. In diesem Zusammenhang steht meist eine Schmerzensgeldzahlung. Nach welchem gesetzlichen Fundament und von wem diese gezahlt werden muss, klärt der folgende Text.

Der § 253 BGB hält den Schadensersatzanspruch nach einem Hundebiss fest. Dort wird dieser als immaterieller Schadensersatz beschrieben, der definiert wird als:

  • Verletzung des Körpers,
  • Beeinträchtigung der Gesundheit,
  • Schädigung der Freiheit oder
  • Behinderung der sexuellen Selbstbestimmung.

Tritt eine dieser Folgen ein, muss der Schädiger eine sogenannte Ausgleichsfunktion übernehmen. Das bedeutet, dass der Schädiger einen finanziellen Ausgleich durch die Zahlung einer billigen Entschädigung übernehmen muss. Da bei einem Hundebiss meist eine körperliche Schädigung eintritt, lässt sich die Summe des Schmerzensgeldes nur schwer messen. Daher liegt die Entscheidung über die Höhe des zu zahlenden Schmerzensgeldes bei dem Gericht. Dieses muss diverse Faktoren berücksichtigen. Entscheidend sind stets die Einzelheiten des jeweiligen Falles. Dazu gehören z.B. eventuelle psychische Störungen, die in Folge des Hundebisses aufgetreten sind sowie die Dauer der Verletzung und der Schweregrad der Schmerzen.

Im Falle eines Hundebisses fällt das Schmerzensgeld häufig sehr hoch aus, da die Bildung von Narben einem charakteristischen Dauerschaden darstellt. Hinzu kommen Ängste, die das Opfer nach einem Hundebiss häufig entwickelt und deshalb in permanenter Sorge lebt. Da sich solche psychischen Beeinträchtigungen erheblich auf die Lebensführung auswirken und den Betroffenen in seinem Alltag enorm einschränken, fällt das Schmerzensgeld in der Regel relativ hoch aus.

Die Schadensersatzsumme wird vom Halter des Hundes gezahlt. Laut einer Entscheidung des OLG Celle aus dem Jahr 2012 entfaltet die Gefährderhaftung für den Halter auch dann seine Wirksamkeit, wenn sich der Hund während des Angriffes in der Obhut einer anderen Person befindet. Demnach kann z.B. ein Tierarzt nicht verpflichtet werden, das Schmerzensgeld nach einem Hundeangriff zu zahlen, da dieser im Sinne des Behandlungsvertrages im Auftrag des Halters handelt.

Im § 834 BGB ist hingegen die Tierhüterhaftung geregelt. Diese bezieht sich auf Personen, die vertraglich dazu verpflichtet sind, die Aufsicht über einen Vierbeiner für einen anderen zu übernehmen. Im Falle eines Angriffes durch den Hund, muss diese Person Schäden gegenüber einem Dritten zahlen. Der sogenannte Tierhüter haftet jedoch nicht allumfassend. Folgende Ausnahmen gelten:

  • Ist dem Hüter keine Sorgfaltspflichtverletzung zur Last zu legen, so kann er für die vom Hund verursachten Verletzungen nicht zur Verantwortung gezogen werden.
  • Wäre die Beeinträchtigung auch dann entstanden, wenn die vertraglich bestimmte Aufsichtsperson sorgfältig gehandelt hätte, so entfällt die Haftung.

Weitere Informationen zum Thema „Schmerzensgeld nach Hundebiss“ finden Sie hier. Zudem bietet das kostenlose Ratgeberportal www.schmerzensgeldtabelle.net viele weitere Ratgeber und Informationen zu allgemeinen Anspruchsgrundlagen vom Schmerzensgeld sowie zu den verschiedenen Verletzungsarten und dem Schmerzensgeld im Ausland.

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