Slider2

Rechtsgrundlage Bayern

Bayern

Rechtsgrundlage „ Gefährliche Hunde“

a. Rechtsgrundlagen:

Art. 18, 37 und 37a des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz, kurz: LStVG) (http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/ BayLStVG)
Vollzugsbekanntmachung zu Art. 37 LStVG (Nr. 37 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (VollzBekLStVG) vom 8. August 1986, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 13. Februar 2013) (https://www.verkuendung-bayern.de/allmbl/jahrgang:2014/heftnummer:14/seite:621/doc:2)
Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10.07.1992 (KampfhundeVO), geändert durch die VO vom 04.09.2002 mit Wirkung zum 01.11.2002 (http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayHund AgressV)
Die Verfassungsmäßigkeit der enthaltenen Regelungen wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof überprüft und nicht beanstandet (BayVerfGH, Entscheidung vom 12.10.1994, Aktenzeichen: Vf. 16-VII-92, Vf. 5-VII-93, NVwZ-RR 1995, 262, 263; bestätigt auch durch BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Juli 2004, Aktenzeichen: Vf. 1-VII-03, NVwZ-RR 2005, 176-181).

b. Einteilung und Definition:

Kategorie 1: Kampfhunde

Sechs Hunderassen gelten hier unwiderleglich als gefährlich und aggressiv und damit als Kampfhunde:
American Staffordshire Terrier
Staffordshire Bullterrier
American Pitbullterrier /Pitbull
Bandog (Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Bezeichnung „Bandog“ als „noch eindeutig genug bestimmbar“ eingestuft und dazu ausgeführt: „Sie weist zwar kein einheitliches äußeres Erscheinungsbild auf; die Bezeichnung Bandog, „die große Version des Pit-Bull, in welche Doggen, Rottweiler wie auch Mastiffs eingekreuzt sind“ (VDH, Kampfhunde S. 15) ist jedoch (…) eingeführt und findet sich auch sonst in der kynologischen Literatur“ (BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Oktober 1994, Aktenzeichen: Vf. 16-VII-92, Vf. 5-VII-93, juris).

Tosa- Inu und Kreuzungen dieser Rassen untereinander oder mit anderen Hunden.
Zum Begriff der Kreuzung siehe 37.3.1. der Vollzugsbekanntmachung: 
Sind die Elterntiere des konkreten Tieres nicht bekannt, so kann die Rasse durch einen Sachverständigen ggf. nach dem Äußeren (Phänotyp) bestimmt werden. Ist dies nicht zuverlässig möglich, kann ein Hund nur einer Rasse zugeordnet werden, wenn folgende drei Zuordnungskriterien gleichzeitig erfüllt sind: Phänotyp, Wesen, Bewegungsablauf. Entscheidend ist dabei die Beurteilung, ob das Tier das Verhalten zeigt, das für die Einstufung einer bestimmten Rasse als Kampfhund maßgeblich war. Soweit die Elterntiere bekannt sind, ist zu beachten, dass es aus genetischen Gründen in der Regel nur sinnvoll ist, die Nachkommen bis zur F1-Generation als von der Verordnung erfasste Kreuzungen zu behandeln. Eine Gen-Analyse zur Rassenzuordnung ist kaum hilfreich, weil sie angesichts der Bandbreite der körperlichen wie genetischen Merkmale einer Rasse kaum zu einem eindeutigen Ergebnis führen dürfte.
Das Halten von Hunden solcher Rassen ist von einer behördlichen Erlaubnis abhängig und wird nur im Einzelfall erteilt.

Kategorie 2:

Als widerleglich vermutet gefährliche und aggressive Hunde
Hunde der Rassen:
Bullmastiff,
Bullterrier,
Dogo Argentino,
Dogue de Bordeaux,
Fila Brasileiro,
Mastin Espanol,
Mastino Napoletano,
Mastiff,
Rottweiler,
American Bulldog,
Alano,
Cane Corso,
Perro de Presa Canario (Dogo Canario),
Perro de Presa Mallorquin

Die vermutete Gefährlichkeit kann durch ein Wesensgutachten widerlegt werden. Die Mindestvorgaben für die formalen und inhaltlichen Anforderungen an das Gutachten finden sich in 37.3.4. der Vollzugsbekanntmachung. Es wird nach Fertigstellung von der Gemeinde unter Beteiligung des Veterinäramtes geprüft; ist das Gutachten überzeugend, wird ein sogenanntes Negativzeugnis ausgestellt, das bescheinigt, dass es zur Haltung des entsprechenden Hundes keiner Erlaubnis bedarf.

Beim Erwerb von Welpen und Junghunden der Kategorie 2 ist von der Gemeinde bis zur Überprüfbarkeit, d.h. in der Regel bis zum Alter von ein bis zwei Jahren, ein „vorläufiges“, also zeitlich befristetes Negativzeugnis auszustellen.

Der Wesenstest muss bei einer für das Hundewesen sachverständigen Person erfolgen; dabei muss neben der Gefährlichkeit des Hundes auch die zur Vermeidung von Gefahren erforderliche Sachkunde des Halters überprüft werden. Zu diesen sachverständigen Personen führt 37.3.3. der Vollzugsbekanntmachung aus:
Ein Sachverständiger darf nicht die Besorgnis einer Befangenheit begründen und muss die zur Wesensbeurteilung von gefährlichen Hunden erforderlichen Fachkenntnisse besitzen. Hiervon ist auszugehen, wenn die Person nach früherem Recht zum Sachverständigen durch eine Regierung öffentlich bestellt und vereidigt worden ist oder, wenn er beispielsweise als Tierarzt, Hundeführer der Polizei oder Richter aus dem Hundesport seine Fachkenntnisse durch Nachweise oder sonstige Zertifizierungen über die Teilnahme an entsprechenden Aus-, Fort- oder Weiterbildungen (etwa durch die Bayerische Landestierärztekammer) belegt. Die Fachkenntnisse sind bei Fachtierärzten für Verhaltenskunde und bei Tierärzten anzunehmen, die die Zusatzbezeichnung „Verhaltenstherapie“ erworben haben. Hingegen reicht die Teilnahme am Seminar „Hundeführerschein“ der Bayerischen Landestierärztekammer nicht aus. Bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ist in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die Bestellung (ggf. durch die Industrie- und Handelskammern) widerrufen wurde. Die Gutachten der genannten Sachverständigen sind grundsätzlich gleichwertig.

Kategorie 3: Gefährliche Hunde im Einzelfall:

Hunde, die aus einer Ausbildung mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität oder Gefährlichkeit Eigenschaften als Kampfhund aufweisen. Brauchbare Jagdhunde sind dabei in der Regel keine Kampfhunde. Die Gemeinde hat im Einzelfall zu prüfen, ob der Hund aufgrund seiner Ausbildung (z. B. für das Bewachungsgewerbe) eine gesteigerte, d. h. über die natürliche Veranlagung hinausgehende Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist.

c. Voraussetzungen für die Haltung:

Erlaubnis der Kommunalbehörde bei Hunden der Kategorie 1 bzw. Negativzeugnis bei Hunden der Kategorie 2, Voraussetzungen:
Berechtigtes Interesse an der Haltung, z.B. die Bewachung eines gefährdeten Besitztums,
Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters,
Weitere Voraussetzungen ergeben sich aus den jeweiligen Gemeindeverordnungen auf der Grundlage des Art. 18 LStVG sowie aus den einzelnen Erlaubnisbescheiden als Verwaltungsakte, die regelmäßig mit Nebenbestimmungen versehen werden (vgl. 37.4.5. der Vollzugsbekanntmachung); hier werden regelmäßig verlangt:
Kennzeichnung des Hundes, z.B. durch Tätowierung,
Leinen- und Maulkorbzwang,
Einschränkung des Kreises der Betreuungspersonen des Hundes,
Sicherungsmaßnahmen für die Haltung,
Haftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 1 Mio. Euro für Personenschäden und 0,25 Mio. Euro für Sachschäden

d. Hervorzuhebende Rechtsprechung:

Entscheidung des VGH München vom 18.02.2004 (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 18. Februar 2004, Aktenzeichen: 24 B 03.645, NVwZ-RR 2005, S. 37): 
Hier wurde festgestellt, dass trotz positivem Wesenstest und ohne jegliche Auffälligkeiten des Bullterriers erhebliche Auflagen seitens der Sicherheitsbehörden rechtmäßig waren. Die Rechtmäßigkeit stützte die Judikative hier auf die „konkrete Gefahr“, die auf das Erscheinungsbild des Hundes zurückgeführt wurde: „…es handelt sich bei dem Bullterrier um einen Hund der – unabhängig von der Bewertung in der Fachliteratur – von der breiten Bevölkerung als gefährlich eingestuft wird. … Angesichts der Vorfälle mit gefährlichen Hunden, die die Bevölkerung nicht ohne Grund sensibilisiert haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, wenn er sich frei, ohne Aufsicht und ohne Maulkorb im Gemeindegebiet bewegt, in naher Zukunft von Unbeteiligten als gefährlich eingestuft wird und durch sein freies Umherlaufen Angst oder sogar Schock hervorruft, was als Gesundheitsbeeinträchtigung zu sehen ist“. Auch sind die Ausführungen über den Wesenstest bemerkenswert: „Der Wesenstest wird darüber hinaus auch dadurch wesentlich beeinflusst, dass es sich bei den Gutachtern um (…) regelmäßig gegenüber dem Tier dominant auftretende, jedenfalls mit Hunden vertraute Personen handelt, denen der Hund deswegen oft sehr gutartig erscheint.“ Dies wird vom Gericht als „systembedingte Grenze des Wesenstestes“ bezeichnet, woraus es die Schlussfolgerung zieht: „In der Sache bedeutet der positive Wesenstest nicht, dass der Hund auf längere Sicht nicht aggressiv und nicht gefährlich ist.“