Miniature Bullterrier

Der Miniature Bullterrier nach dem neuen HundeG Sachsen- Anhalt: Ein „Listenhund“?

Über unterschiedliche Behörden- und Gerichtsmeinungen und deren Gründe
– und wie Sachsen- Anhalts Gesetzgeber dem „Wirrwarr“ nun Einhalt gebieten will

Der Miniature Bullterrier (häufig auch „Miniatur Bull Terrier“ geschrieben) erfreut sich bei Hundehaltern großer Beliebtheit. Bei einer Wahl der beliebtesten Hunderassen auf der Internetseite des VDH (Verband für das deutsche Hundewesen) http://www.vdh.de/welpen/top50-beliebteste-hunderassen beispielsweise rangiert er direkt hinter dem American Staffordshire Terrier und dem Labrador Retriever auf Platz drei.

Die Freude an der Haltung dieses Vierbeiners kann jedoch in einigen Bundesländern durch die einschlägigen Gesetze und Verordnungen getrübt werden. Denn diese verursachen oft Unklarheit darüber, ob der Miniature Bull Terrier zur Gruppe der „Listenhunde“ gehört, also derjenigen Hunde, deren Gefährlichkeit allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse gesetzlich vermutet wird. Die Einstufung eines Hundes als „Listenhund“ oder als Kreuzung mit einem solchen hat in allen Bundesländern (außer in Niedersachsen und Schleswig- Holstein, die in ihren Hundegesetzen eine sog. „Rasseliste“ abgeschafft haben) weitreichende Konsequenzen für Hund und Halter, angefangen vom Erfordernis einer Haltungserlaubnis über Leinen- und Maulkorbzwang bis hin zu Zuchtverboten. Bei Zuwiderhandlungen können Bußgelder und sogar die Einziehung des Hundes drohen. Es ist also essentiell für jeden Halter, zu wissen, ob sein Hund einer der „Listenhunderassen“ bzw. einer Kreuzung mit einer von ihnen angehört, oder nicht.

Das Problem des Miniature Bull Terrier liegt dabei in seiner Ähnlichkeit zum Bull Terrier, denn dieser gehört zur sog. Rasseliste des Bundes (§ 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG: https://www.gesetze-im-internet.de/hundverbreinfg/BJNR053010001.html), auf die alle Bundesländer mit eigener Rasseliste (außer das Saarland) Bezug genommen haben. Zwar wird der Miniature Bull Terrier selbst nicht ausdrücklich in den Gesetzen und Verordnungen der Länder genannt, doch könnte er von dem Begriff des „Bull Terriers“ umfasst sein, was dann auch für ihn die Konsequenz hätte, dass er als „Listenhund“ gilt- mit allen genannten möglichen Konsequenzen.

Die Unsicherheit der Hundehalter wird vielerorts noch durch teils stark divergierende Ansichten und Entscheidungen der zuständigen Behörden und Gerichte verstärkt, sodass meist nicht klar ist, auf wessen Meinung vertraut werden kann und darf. Aktuell ist dies vor allem in Sachsen- Anhalt besonders akut, wo am 27. Oktober 2015 Änderungen des „Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren“ (nunmehr auch amtlich „Landeshundegesetzes“ oder kurz HundeG LSA“ genannt) beschlossen wurden, welche teilweise bereits ab dem 03.November 2015 gelten, spätestens aber am 01. März 2016 in Kraft treten werden. Im Vorfeld der Gesetzesänderung hatten sich zwar viele Kommunen und auch Richter ausdrücklich gewünscht, dass der Gesetzgeber eine klarstellende Regelung zum Miniature Bull Terrier in das neue Hundegesetz aufnehmen solle- geschehen ist dies jedoch nicht. Als „gefährlich“ vermutete Hunde sind damit offiziell auch in Sachsen-Anhalt weiterhin die sogenannten Listenhunde nach § 2 Abs. 1 S.1 HundVerbrEinfG (s.o.), also u.a. der Bull Terrier und dessen Kreuzungen mit anderen Hunden. Zum Miniature Bull Terrier hingegen schweigt auch das nunmehr geänderte HundeG LSA.

Dafür hat sich etwas anderes Entscheidendes geändert: Die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer Rasse wird sich nach der Gesetzesänderung in Sachsen- Anhalt ausdrücklich nach dem Phänotyp bestimmen, also dem äußeren Erscheinungsbild des jeweiligen Tieres (§ 3 Abs. 2 S. 2 HundeG LSA). Auch wurde in das LandeshundeG nun eine eigene Definition des Begriffes Kreuzung aufgenommen: Demnach sind damit Hunde gemeint, „bei denen der Phänotyp einer der Rassen zu erkennen ist“ (§ 3 Abs. 2 S. 4 HundeG LSA).

Mit dieser Definition schlägt das HundeG Sachsen-Anhalt nun eine Brücke zu den einschlägigen Landeshundegesetzen in Nordrhein-Westfalen und Thüringen, welche ähnliche Begriffsbestimmungen enthalten. Damit wollten die für den Gesetzesentwurf verantwortlichen Fraktionen CDU und SPD Probleme bei der täglichen Anwendung des LandeshundeGs durch die Behörden verringern, stellt sich doch die Einordnung eines individuellen Tieres als typischer Vertreter einer bestimmten Rasse oder einer Kreuzung bestimmter Rassen schwierig dar: Ein Sachverständiger kann beispielsweise in einem Tier zu 75 % einen „gefährlichen“ American Pitbull Terrier erkennen, während ein zweiter einen völlig harmlosen Labrador-Mix vor sich sieht (so geschehen in dem Sachverhalt, der einem Urteil des OVG Magdeburg vom 04.06.2014 (AZ 3 L 230/13, BeckRS 2014, 59455) zugrunde liegt). Für Miniature Bull Terrier- Halter stellt sich also die Frage: Welchem Phänotyp gehört mein Hund an?

Die Antwort auf diese Frage gestaltet sich wegen der Ähnlichkeit des Miniature Bull Terriers zum als gefährlich vermuteten Bull Terrier schwierig:
Beide Rassen unterscheiden sich voneinander nach den Rassenstandards des FCI (
Fédération Cynologique Internationale, der größte kynologische Dachverband mit Sitz in Belgien) ausdrücklich nämlich nur durch die Größe. Danach sollte ein Miniature Bull Terrier eine Widerristhöhe von 35,5 cm nicht überschreiten, während für den Bull Terrier keine Größenbeschränkungen vorgegeben sind (PDF-Dokumente mit einer Beschreibung der Rassestandards können auf der Website des FCI heruntergeladen werden; für den Miniature Bull Terrier auf http://www.fci.be/de/nomenclature/MINIATURE-BULL-TERRIER-359.html und für den Bull Terrier auf http://www.fci.be/de/nomenclature/BULL-TERRIER-11.html).

Vom Gesetzgeber allein gelassen, behalfen sich auch die Gerichte Sachsen- Anhalts in der Vergangenheit des klaren Abgrenzungskriteriums der Größe, um Streitfälle entscheiden zu können. So führte 2013 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen- Anhalt (Beschluss vom 14. Oktober 2013, Aktenzeichen: 3 M 229/13) aus: „Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geht der Senat davon aus, dass § 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG, § 3 Abs. 2 GefHundG i. V. m. den von der FCI bestimmten Rassestandards für Bullterrier und Miniatur Bullterrier verfassungskonform so ausgelegt werden kann, dass die „Soll-Bestimmung“ für die maximale Widerristhöhe eines Miniatur Bullterriers den Regelfall darstellt, welcher die Abgrenzung zwischen den beiden Hunderassen ermöglicht.“ (Rn. 12, zitiert nach juris). Und 2014 betonte das Gericht in einem weiteren einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Beschluss vom 18. Juni 2014, Aktenzeichen 3 M 255/13), dass Hunde der Rasse Miniature Bull Terrier nicht mit Hunden der in § 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG genannten Rassen gleichzusetzen seien (Rn. 4, zitiert nach juris).

Diese Rechtsprechung führte dann auch dazu, dass die Behörden Sachsen- Anhalts offiziell darauf hingewiesen wurden, dass sie bei Hunden mit einer Widerristhöhe von unter 35, 5 cm im Einzelfall von der Vollstreckung einer Sicherstellungsverfügung (die möglich ist, wenn der Halter einen Wesenstest des Hundes nicht bei der Behörde vorgelegt hat) absehen könne. Dies galt jedoch ausdrücklich nur bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, denn allein in solchen (in denen Gerichte wegen der Eilbedürftigkeit nur eine sog. summarische Prüfung vornehmen, sie also nicht derart umfangreich prüfen wie in einem Hauptverfahren) hatte das OVG sich bisher auf die Größe des Hundes als maßgebliches Kriterium gestützt. In allen anderen Fällen gab es die interne Anweisung an die Behörden, Hunde des Phänotyps des FCI- Rassestandards des Miniature Bull Terriers als Bull Terrier oder jedenfalls als Bull Terrier- Kreuzung untereinander oder mit einem anderen Hund einzuordnen, was diese Tiere automatisch zu als gefährlich vermuteten Hunden machte.

Was aber, wenn der Hund ein ziemlich groß geratener Miniature Bull Terrier ist? Denn Tiere sind eben (wie wir Menschen) nicht streng kategorisierbar und wachsen nicht „nach Maß“, sondern bleiben Individuen, die trotz ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse andere Merkmale aufweisen können als die typischen Vertreter ihrer Rasse.

Mit einem solchen Fall hatte sich zwar kein Gericht aus Sachsen- Anhalt, aber erst im letzten Jahr eines aus Nordrhein- Westfalen zu befassen: Dort hatte der Halter behauptet, sein Hund sei mit 41,5 cm ein groß geratener Miniature Bull Terrier, während die Behörde davon ausging, es handle sich um einen 44,5 cm großen Standard- Bullterrier. Für die Richter war jedoch im Endeffekt egal, ob der Hund nun 41,5 oder aber 44,5 cm groß war, denn beides stellten sie als nicht mehr nur geringfügige Abweichung von der Sollgrenze des FCI (35,5 cm) fest, weshalb der Hund nicht mehr dem Phänotyp eines Miniature Bull Terriers entspreche.


Interessant war jedoch in diesem Fall, dass die Richter eine Möglichkeit gesehen hatten, den Hund trotz seiner Größe als Miniatur Bull Terrier einzustufen. Dafür hätte der Halter nachweisen müssen, dass beide Elternteile des Tieres als Vertreter dieser Rasse eingestuft worden waren: „Daraus folgt, dass ein genealogisch von Miniatur Bullterriern abstammender Hund auch bei geringfügiger Überschreitung der Widerristhöhe von 35,5 cm noch ein Miniatur Bullterrier bleiben kann. Wo die Grenze der Geringfügigkeit im Einzelfall zu ziehen ist, kann hier dahinstehen, weil dies voraussetzt, dass der Halter den Nachweis führt, dass der Hund von als Miniatur Bullterriern eingestuften Eltern abstammt.“ (VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. September 2015, Aktenzeichen: 18 L 2817/15, Rn. 6, zitiert nach juris). Diesen Nachweis hatte der Halter des Hundes jedoch nicht geführt, weshalb die Richter auf die Rasseeinstufung seines Hundes ausschließlich nach dem phänotypischen Erscheinungsbild zurückgreifen mussten- das hieß also, auf eine Einstufung nach der Größe des Hundes. Da der Hund also die „magische“ Grenze von 35,5 cm überschritt, wurde er als Standard-Bull Terrier eingestuft- und damit als ein als gefährlich vermuteter Hund.

Selbst für Hundehalter, die die Elterntiere ihres Hundes genau kennen, wird in Sachsen- Anhalt ein solcher Nachweis der genealogischen Abstammung des Hundes hingegen seit der Gesetzesänderung wohl nicht mehr helfen können, wird doch nunmehr für die Rasse- bzw. Kreuzungszugehörigkeit allein auf den Phänotyp abgestellt werden (s.o.).

Der Gesetzesentwurf zum geänderten HundeG (als Download verfügbar unter http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp6/drs/d4359lge.pdf) führt dazu ausdrücklich aus: „Von einer Zuordnung mittels DNA- Tests oder anhand von Ahnentafeln o.Ä. wird unverändert abgesehen. (…) Denn eine hinreichend verlässliche Rassenzuordnung mittels eines DNA-Tests ist nach dem derzeitigen Wissensstand trotz beachtlicher Fortschritte in den letzten Jahren noch nicht in allen Fällen möglich, zumal derzeit nur von ca. der Hälfte der von dem weltweit größten kynologischen Fachverband erfassten Hunderassen Vergleichsmaterial in den Unternehmen vorliegt, welche DNA- Tests für Hunde durchführen (…)“ (S. 15). Dass für die Rassen Bull Terrier und Miniature Bull Terrier solches Vergleichsmaterial jedoch durchaus bereits 2013 vorlag, zeigt beispielsweise ein Blick auf die Liste des Fachlabors Galantos Genetics, wo anhand eines sog. Mixed Breed Tests herausgefunden werden kann, welcher Rasse der eigene Hund angehört (www.dogdna.de/hunderassen/rassenliste_2013.pdf). Ein solcher Test ist zwar kostspielig (ein DNA-Profil z.B. kostet dort 79 €, ein Mischlingstest stolze 119 €), bringt aber deutlich mehr Sicherheit als die Zuordnung mittels Phänotyp.

Zum Landeshundegesetz NRW, das ebenfalls auf den Phänotyp abstellt, entschied bereits 2011 das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 9. November 2011, Aktenzeichen 18 K 2679/11), dass es „für die Einstufung eines Hundes als gefährlich im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW nicht auf irgendwelche Ahnentafeln, Bescheinigungen o.ä. ankommt, sondern allein auf das äußere Erscheinungsbild (…)“ (Rn. 8, openJur 2012, 83009).

Auf eine Ahnentafel des Hundes nahm demgegenüber das Verwaltungsgericht Meiningen in seinem Urteil vom 26.02.2013 (Aktenzeichen 2 K 361/12 Me) Bezug und stellte klar, dass aus seiner Sicht der Miniatur-Bullterrier nicht vom Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ThürTierGefG erfasst sei.

Verlässliche Angaben dazu, wie die Behörden in Sachsen- Anhalt mit dem neuen Hundegesetz umgehen werden, können natürlich leider erst gemacht werden, wenn die neuen Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften bzw. Erlasse zu der Gesetzesänderung vorliegen. Eine Anfrage beim Innenministerium des Landes Sachsen- Anhalt ergab, dass zu diesem Thema derzeit noch nichts mitgeteilt werden könne; ältere Verwaltungsvorschriften könne man „möglicherweise kostenpflichtig“ anfordern.

Doch kristallisiert sich beim Lesen der zahlreichen Dokumente, die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens veröffentlicht wurden, heraus, dass der sachsen- anhaltische Gesetzgeber mit seiner Änderung des Hundegesetzes durchaus geplant hat, wie die Behörden und Gerichte des Landes zukünftig mit dem Miniature Bull Terrier umgehen sollen. Sollte sich diese Einschätzung bewahrheiten, brechen für Halter dieser Hunde Zeiten an, in denen Auseinandersetzungen mit den Behörden vorprogrammiert sein werden:  Denn der Gesetzesentwurf lässt anklingen, dass Miniature Bull Terrier im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechungspraxis weiterhin der Rasse der Bull Terrier zugerechnet werden sollen, also Teil der als gefährlich vermuteten Hunde sein sollen.

Dieses Ergebnis soll juristisch dadurch erreicht werden, dass das neue Hundegesetz zwar einerseits explizit auf den Phänotyp abstellt (s.o.) und die Merkmale der verschiedenen Phänotypen in einer gesonderten Verordnung (vgl. § 3 Abs. 2 S. 3 des neuen HundeG LSA) so festgelegt werden sollen, dass sie „hinreichend bestimmbar“ voneinander abzugrenzen sind (S. 16 des Gesetzesentwurfs). Andererseits sollen aber in dieser Verordnung keine vollständig eigenen Standards entwickelt werden, sondern es sollen diejenigen Kriterien berücksichtigt werden, die zu der Zeit galten, als das bereits erwähnte HundVerbrEinfG erlassen wurde- jenes Gesetz also, das die „Rasseliste“ des Bundes enthält und damit fast allen Bundesländern beim Erlass ihrer Hundegesetze als Vorlage diente. Die Krux dabei: Zum Zeitpunkt des Bundestagsbeschlusses zum HundVerbrEinfG, am 09. Februar 2001, gab es noch keinen eigenständigen Rassestandard des FCI für den Miniature Bull Terrier! Er galt damals vielmehr noch als „Varietät“, also als Untergruppe des Bull Terriers; erst 2012 wurde der neue Standard der Nr. 359 vom FCI für die Rasse Miniature Bull Terrier festgelegt. Das heißt also: Durch diese nun vom sachsen- anhaltischen Gesetzgeber festgelegte sog. statische Verweisung auf die Rassestandards des FCI vom 09. Februar 2001 muss der Miniature Bull Terrier trotz dessen, dass er mittlerweile als eigenständige Rasse anerkannt ist, als Untergruppe des Bull Terriers eingeordnet werden.

Rechtlich lässt sich dieses von außen durchaus sehr konstruierte Vorgehen dadurch erklären, dass eine Verweisung auf die jetzt und nicht 2001 geltenden Rassestandards des FCI verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Denn damit würde der sachsen- anhaltische Gesetzgeber teilweise darauf verzichten, seine Gesetze inhaltlich selbst auszufüllen, indem er darauf verweist, wessen Inhalte gelten sollen. In diesem Falle also: Private Verbände wie der FCI könnten durch einfache Änderungen ihrer Rassestandards bestimmen, wie das HundeG LSA aussieht und was es in diesem speziellen Punkt regelt. Eine solche Situation wäre äußerst bedenklich, sind doch weder der FCI noch andere Hundezuchtverbände oder dergleichen demokratisch legitimiert und durchlaufen Änderungen ihrer Statuten kein solch dezidiertes und öffentliches Verfahren wie das Gesetzgebungsverfahren. Da aber Bundestag und Bundesrat im Jahr 2001, als sie das HundVerbrEinfG erließen, auf die Rassestandards des FCI zurückgriffen, um zu bestimmen, welcher Hund ein „Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden“ (§ 2 Abs. 1 S. 1 HundVerbrEinfG) ist, steht jedenfalls fest, dass die damaligen FCI- Rassestandards dem Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers entsprachen. Auf sie kann also im Wege einer statischen Verweisung bedenkenlos Bezug genommen werden, was das geänderte HundeG LSA daher auch tut.

Auf den Standpunkt, dass nicht allein die Kriterien der FCI maßgeblich sein können, stellten sich dagegen schon in den letzten Jahren verschiedene Gerichte: So führte das Verwaltungsgericht Meiningen in o.g. Urteil unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg aus dem Jahr 2012 (Urteil vom 02. April 2012, Aktenzeichen 2 A 13/11) aus, dass aus seiner Sicht entscheidend dafür, ob eine eigenständige Hunderasse in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sei, nicht ausschließlich die Bewertung durch die FCI, sondern vielmehr die Einschätzung des nationalen Zuchtverbandes, also in Deutschland des VDH sei.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hatte dazu klargestellt: „Darauf, dass die F.C.I. erst seit dem 23.12.2011 den Miniatur Bullterrier unter einer eigenen FCI-Standard Nr. führt, kommt es nicht an, denn die maßgeblichen Unterschiede zum Standard-Bullterrier waren bis dahin bereits unter dem FCI-Standard Nr. 11 (Bull Terrier) bestimmt. Im Übrigen ist entscheidend dafür, ob eine eigenständige Hunderasse in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt ist, nicht ausschließlich die Bewertung durch die F.C.I., sondern zuvorderst die Einschätzung des nationalen Zuchtverbandes, hier des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e. V. (VDH). Dieser geht ausweislich seiner Schreiben vom 28.05.2009 und 11.07.2000 von der Existenz einer eigenständigen Rasse aus. Deshalb ist es jedenfalls im vorliegenden Fall rechtlich unerheblich, dass der Miniatur Bullterrier bis zum Jahre 2011 von der F.C.I. nicht unter einer eigenen Rassestandardnummer beschrieben worden ist.“ (Rn. 33, zitiert nach juris). Im nächsten Atemzug erklärte das Gericht aber, weshalb es sich auf diesen Standpunkt stellte: „Somit hätte es dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit entsprechend der ausdrücklichen Entscheidung des Satzungsgebers dazu bedurfte, ob er Miniatur-Bullterrier ebenfalls unter die unwiderlegbare Vermutung der Gefährlichkeit fasst. Mangels ausdrücklicher Aufnahme in die Rasseliste hat der Satzungsgeber der Hundesteuersatzung dies stillschweigend verneint.“ (Rn. 34).

In dem Urteil ging es zwar um die HSS, also die Hundesteuersatzung der beklagten Gemeinde, doch lassen sich daraus dennoch Rückschlüsse für die zukünftige Situation des Miniature Bull Terriers schließen. Denn indem der sachsen-anhaltische Gesetzgeber das HundeG in der Form geändert hat, wie es der Gesetzesentwurf mit seiner genannten klaren Positionierung forderte, reagierte auf das Klarstellungsbedürfnis der Gerichte. Wie sich die Rechtsprechung auf der Basis des neuen HundeG LSA entwickelt, wird daher nicht nur von Miniature Bull Terrier- Haltern, sondern auch seitens der juristischen Fachwelt interessiert zu verfolgen sein.

Zusammenfassend lässt sich also das Folgende festhalten:
– Ab dem 01. März 2016 wird in Sachsen- Anhalt offiziell der Phänotyp eines Hundes entscheidend sein, um seine Rassezugehörigkeit festzustellen.

– Miniature Bull Terrier werden nach derzeitigem Stand weiterhin als Untergruppe der Bull Terrier eingestuft und damit den als gefährlich vermuteten Hunden zugerechnet werden.
– Eine auf der Grundlage des neuen § 3 Abs. 2 S. 3 HundeG LSA zu erlassende Rechtsverordnung wird endgültig Klarheit bringen.

Pferdeunfall

Scheuen eines Pferdes bei sich näherndem PKW – Schadensersatz bei Pferdeunfall ?
OLG Celle, Urteil vom 20.01.2016, 14 U 128/13
Der Sachverhalt:

Vorliegend ritt die Klägerin des Falles auf einem nur für land- und forstwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Weg, als sich ein PKW näherte. Das Pferd scheute und schmiss die Reiterin zu Boden und wurde durch die Huftritte des Pferdes schwer im Gesicht verletzt. Pferdeunfall

Ihrer Aussage zufolge sei der Autofahrer zu schnell und zu dicht an ihr vorbeigefahren, sodass das Pferd zu scheuen begann. Laut Aussage des PKW-Halters sei dieser jedoch 10 bis 15 Meter vor der Unfallstelle bereits abgebogen, um auf dem dort befindlichen Feld zu dem Misthaufen zu gelangen.

Die Reiterin verlangte vom PKW-Halter, bzw. von dessen Versicherung Schadensersatz in Höhe von 75.000 € und weiterhin ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 €. Überdies beantragte sie, vom Gericht festgestellt zu wissen, dass ihr alle zukünftige Schäden ersetzt werden, die noch im Zusammenhang mit dem Unfall stehen.
Die Entscheidung der Gerichte:

Problematisch an diesem Sachverhalt gestaltete sich die Tatsache, dass weder dem Autofahrer, noch der Reiterin ein konkretes Verschulden an dem Unfall nachgewiesen werden konnte.

Jedoch ist allgemein anerkannt, dass sowohl von einem Pferd, als auch von einem KFZ Gefahren ausgehen, für die jeweils grundsätzlich die Halter einzustehen haben.  (§ 833 BGB)

Exkurs : Es ist zu beachten, dass ein Auto gar nicht ohne Haftpflichtversicherung gefahren werden darf. Eine Tierhalterhaftpflicht ist allerdings nicht vorgeschrieben, allenfalls empfehlenswert.
Im vorliegenden Falle trafen aber die schweren Folgen des Unfalls die Reiterin.

Zunächst wies das Landgericht Hannover die Klage ab ( LG Hannover, 25.07.2013, 3 O 398/12).
Im Rahmen der Berufung entschieden die Richter des OLG Celle jedoch, dass eine Haftungsquote in Höhe von 50 % angemessen sei. (OLG Celle, 26.03.2014, 14 U 128/13)
Nach der Klärung hinsichtlich einer Frage zum Sachverständigengutachten vor dem BGH (BGH, 13.01.2015, VI ZR 204/14) entschied letztendlich das OLG Celle abschließend über den Fall.

Innerhalb des Verfahrens berücksichtigte das OLG dabei auf der einen Seite die Betriebsgefahr des PKW und andererseits die Tiergefahr des Pferdes. Beide Halter, bzw. deren Versicherungen (soweit vorhanden) müssten für die Schäden verschuldensunabhängig einstehen. Das heißt, dass sie haften, egal ob ihnen ein eigenes Fehlverhalten nachgewiesen könne oder nicht. Gefährdungshaftung

Das OLG stellte fest, dass eine allein bloße Anwesenheit des Fahrzeugs am Unfallort allerdings keine Haftung begründe, sondern stattdessen ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fahrzeugbetrieb und dem darauffolgenden Schaden bestehen müsse.

Von Seiten der Klägerin wurde diesbezüglich glaubhaft vorgetragen, dass sie aufgrund des Motorengeräuschs auf das Auto aufmerksam geworden sei und das Pferd davon abgehalten habe, weiter zu grasen und es versuchte weiter weg zu bewegen. Mit diesem Verhalten wollte sie verhindern, dass eine automatisch durch die Schreckreaktion bedingte Fluchtreaktion des Pferdes erfolge.

Ein Sachverständigengutachten bestätigte hier den räumlich-zeitlichen Zusammenhang, sodass sich vorliegend die Betriebsgefahr des PKW realisiert habe.

Vorliegend jedoch muss auch die Klägerin für eigene, realisierte unfallursächliche Tiergefahr  ebenfalls im Umfang von 50 % haften. Denn dass ihr Pferd bei unerwarteten Geräuschen scheut, ist eine automatische Instinktreaktion (natürliche Tiergefahr)..

Die Klägerin hätte berücksichtigen müssen, dass sich das dem Pferde anhaftendes Gefahrenpotential aufgrund seines Wesens verwirklichen würde.
Das Motorengeräusch eines PKW habe besonders für geräuschempfindliche Tiere, wie Pferde es sind, eine erschreckende Wirkung. Auch Pferde, die an den Straßenverkehr gewöhnt sind, könnten manchmal ausnahmsweise schreckhaft auf diese Geräusche reagieren, somit sei eine besondere Vorsicht geboten.

Durch den Abbiegevorgang des Autos habe sich die Geräuschkulisse unerwartet verändert und dies habe das Pferd eventuell scheuen lassen.

Zusammenfassend hätten die Betriebsgefahr des KFZ, ebenso wie die Tiergefahr des Pferdes gleichermaßen zu der Schadensverursachung beigetragen. Mithin sei eine Haftungsquote 50 % zu 50 % gerechtfertigt.

Zoophilieverein

 Ein Zoophilieverein wird nicht in das Vereinsregister eingetragen

 

(Kammergericht Berlin, Beschluss vom 03.12.2012, 12 W 69/12)

Der Sachverhalt:

Vorliegend begehrte ein Verein mit notariell beurkundeter Erklärung vom 05.04.2012 beim Amtsgericht Charlottenburg Eintragung ins Vereinsregister. Der Verein wirbt um Verständnis für sexuelle Handlungen zwischen Mensch und Tier.

Zuvor hatte das AG Charlottenburg bereits zwei mal die Eintragung dieses Vereins abgewiesen.

So erfolgte auch im Juni 2012 die erneute Anmeldungsabweisung.

Gegen diesen Beschluss wurde vom Verein anschließend Beschwerde eingelegt, die letztendlich vom Kammergericht Berlin entschieden wurde.

Die Entscheidung der Gerichte:

Die Abweisung des AG Charlottenburg stützte sich auf die Sittenwidrigkeit der Satzung des Vereins. Eine zwischenmenschliche Sexualität sei anders als bei zoophilen Handlungen. Auch wenn vom Beteiligten Gegenteiliges angegeben sei, eine sittlich einwandfreie Handlung zum beiderseitigen Vergnügen sei zwischen Mensch und Tier nicht denkbar. Ein Tier könne nicht als menschlicher Partnerersatz dienen.

In der Beschwerde gegen die Entscheidung des AG Charlottenburg führte der Verein aus, dass seine Mitglieder bezeugen könnten, dass ihre Tiere solche sexuellen Handlungen genießen und dahingehend Befriedigung und Freude erfahren.

Dass ihnen die Möglichkeit genommen werde, ein Tier nicht als Partner anzusehen sei eine grobe Missachtung des Rechts zur freien Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen und überdies der Würde des Tieres, als geliebtes Wesen anerkannt zu werden.

Es sei allein schon in der Tierwelt so, dass sich zwischen verschiedenen Tierarten auch gepaart werde, wie zB der Esel und das Pferd, wodurch ein Maultier entstehe.

Vom Amtsgericht Charlottenburg wurde daraufhin der Beschwerde nicht abgeholfen, sodass das Kammergericht in Berlin diesen Fall zu entscheiden hatte.

Das Kammergericht bestätigte jedenfalls, dass ein Verein nur ins Vereinsregister eingetragen werden könne, wenn die Satzung wirksam sei. Allerdings gelten für Satzungen allgemeine Bestimmungen aus §§ 134, 138 BGB.

Ein Verstoß gegen die guten Sitten (§138 BGB) liegt vor, wenn das Rechtsgeschäft (sodann auch die vorliegende Satzung) gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Die Rechtsprechung habe bei der Auslegung auch den Umwelt- und Tierschutzauftrag des Art. 20 a GG zu berücksichtigen.

Daraus allein ergebe sich bereits eine Satzungsunwirksamkeit.

Unter anderem sei es Zweck des Vereins, in der Öffentlichkeit ein Verständnis für die körperliche Liebe zwischen Mensch und Tier zu fördern und die Akzeptanz sexueller Handlungen mit oder an einem Tier einschließlich eines Geschlechtsverkehrs zu steigern. Die Beschwerdeschrift des Vereins führt aus, dass „ es nur kranker Phantasie entspringen könne, dass sittlich einwandfreie zoophile Sexualhandlungen unmöglich sein sollen“.

Vom Kammergericht Berlin wird hingegen ausgeführt, dass der Beteiligte sich nicht auf die Aussagen seiner Mitglieder zu diesem Thema berufen könne, da die Rechtsordnung einen rechtlich beachtlichen von einem Tier geäußerten oder zu Erkennen gegebenen Willen nicht kennt.

Ferner verstößt der Verein gegen die Sittenordnung. Dies lasse sich aus § 184 a StGB herleiten.

Obwohl sexuelle Handlungen nach dem StGB nicht direkt strafbar sind, handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine Sanktionierung eines Tabubruchs und dahingehend sogar ohne erforderlichen Beischlaf mit einem Tier um ein unmoralisches Verhalten. So müsse der Beischlaf mit einem Tier aus einem Erst-Recht-Schluss ebenfalls als Tabubruch gelten.

§ 184 a StGB, so das Kammergericht Berlin, verstößt auch nicht gegen das Recht der Vereinigungsfreiheit Art. 9 GG. Denn die Rechtsordnung gebietet es nicht, einem Verein, dessen Zweck nicht mit der vorliegenden Rechtsordnung vereinbar ist, als rechtsfähig anzuerkennen und mithin in das Vereinsregister einzutragen.

Auch werde das Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit hierdurch nicht verletzt, denn dies stehe unter dem Vorbehalt einer Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung. Bei einer Abwägung überwiege die staatliche Aufgabe des Schutzes der Tiere und der Sittenordnung. Der Staat müsse so das Instrument eines rechtsfähigen Vereins nicht für einen solchen Zweck zur Verfügung stellen, der mit dieser Aufgabe nicht vereinbar sei.

Mithin führe die festgestellte Teilnichtigkeit der Satzung des Vereins zu einer Gesamtnichtigkeit der Satzung, so dass der Verein nicht in das Vereinsregister einzutragen sei.

Tierhaltungsverbot

Rechtmäßigkeit eines Bescheides zur Untersagung jeglicher Tierhaltung  ( Tierhaltungsverbot )

(VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21.05.2012, 16 K 40/12)

Der Sachverhalt:

Vorliegend hielten die Klägerin des Verfahrens und ihre Lebensgefährtin letztendlich insgesamt 20 Hunde und sieben Katzen in ihrer 76 m2 großen Wohnung.

Wiederholt wurden Kontrollen durch den Beklagten durchgeführt. Die erste Kontrolle fand am 16.03.2010 statt, zu diesem Zeitpunkt besaß die Klägerin lediglich zwei Hunde und fünf Katzen. Im Zuge der Kontrolle wurde zur Kastration der beiden Hunde aufgefordert. (Ob die Auffoderung der Kastration mit Blick auf das Tiershchutzgesetz ohne medizinische Indikation rechtmäßig war, stand vorliegend nicht zur Entscheidung an)

Eine erneute (und angemeldete) Kontrolle wurde am 22.10.2010 durchgeführt. Dabei wurden zwei erwachsene Hunde, acht Welpen und sechs Katzen aufgefunden. Die Kastration der beiden ausgewachsenen Hunde war nunmehr immer noch nicht erfolgt. Überdies waren die Bäuche einiger Welpen dick angeschwollen, woraufhin die Klägerin aufgefordert wurde, für die Entwurmung und Impfung der Welpen zu sorgen. Erfolge dies nicht, wurde ihr mit einer Fortnahme der Welpen gedroht.

Die nächste Kontrolle erfolgte am 31.01.2011. Es lebten immer noch fünf Katzen, zwei Hunde und acht Welpen bei der Klägerin. Jedoch stellten die Mitarbeiter des Beklagten starken Harngeruch und Fliegenbefall fest. Das Laminat in der Wohnung zeigte aufgewölbte Ränder. Ferner wurde beobachtet, dass Welpen auf das Laminat koteten. Zu diesem Zeitpunkt war die Kastration der ausgewachsenen Hunde immer noch nicht erfolgt!

Mit einem Durchsuchungsbeschluss wurde die Wohnung der Klägerin am 14.07.2011 geöffnet und durchsucht. Dabei konnten 20 Mischlingshunde, sieben Katzen und noch eine Taube festgestellt werden. Die Tiere wurden allesamt fortgenommen und anderweitig zur Pflege untergebracht.

Bei einer späteren Untersuchung wurde erkannt, dass immer noch keine Impfung und Entwurmung der jungen Hunde durchgeführt wurde und die Tiere fast alle nicht ausreichend ernährt waren.

Schließlich wurde mit Bescheid vom 30.11.2011 der Klägerin jegliche Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art untersagt.

Nach einem erfolglosen Antrag der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz erhob sie schließlich Klage gegen den Bescheid vom 30.11.2011.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen:

Die Klage wurde für unbegründet erklärt, der Bescheid vom 30.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Von der Beklagten wurde der Bescheid ordnungsgemäß auf § 16 a S1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3 TierSchG gestützt. Mithilfe dieser Normen können Anordnungen bei Verstößen getroffen werden, insbesondere gegen denjenigen, der Vorschriften gem. § 2 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2 a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt. Das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art kann untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass weiterhin derartige Zuwiderhandlungen erfolgen könnten.

Vorliegend habe die Klägerin die Hunde nicht verhaltensgerecht untergebracht. Ein Tier müsse nach Gesetz art-, bedürfnis- und verhaltensgerecht untergebracht sein.

Jedoch habe die Wohnung nicht die erforderliche Größe gehabt. Zwar ist eine erforderliche Wohnungsgröße nach Gesetz nicht vorgeschrieben, allerdings findet sich in § 6 TierSchHundeVO eine Regelung zur benötigten Bodenfläche bei einer Zwingerhaltung.

Hielte man sich an diese Regelung, so bedürfe es allein schon für die 20 Hunde einer Mindestfläche von 63 m2. Die sieben Katzen müssten nach einer Empfehlung zur Haltung von Hauskatzen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz eV mindestens 25 m2 zur Verfügung haben.

So ergebe sich eine Mindestfläche von 88 m2, die die Wohnungsfläche der Klägerin übersteigt. Überdies wurde selbst von der Klägerin später angegeben, dass ein Großteil der Wohnungsfläche wegen zu vielen Gegenständen und vor allem auch Schimmelbefall nicht genutzt werden konnte.

Nach den Angaben des Kommissars und der Tierärztin war der verfügbare, einzig nutzbare Raum, in welchem die Tiere gehalten wurden 20 bis 25 m2 groß.

Ebenso ergibt sich nach der TierSchHundeVO, dass der Aufenthaltsbereich des Hundes sauber und ungezieferfrei gehalten werden muss. Bei jeder einzelnen Kontrolle war dies jedoch nicht der Fall. Kot lag überall herum, Plastikwannen, die mit Zeitungspapier ausgelegt waren und demnach als „Hundetoiletten“ dienen sollten nicht gereinigt. Der aufgefasste starke Urin- und Kotgeruch lässt auch nicht darauf schließen, dass jeden Tag gereinigt werde.

Gem. § 8 TierSchHundeVO hat die Betreuungsperson ferner auch für die Pflege und Gesundheit des Tieres zu sorgen. Dazu gehöre auch die Gesundheitsprophylaxe in Form von Impfungen, Entwurmung uns beispielsweise Parasitenschutz.

Bei den Welpen und auch bei einigen größeren Hunden konnte ein solcher Impfschutz jedoch nicht festgestellt werden. Im Oktober 2010 wurde die Klägerin bereits aufgefordert, die Hunde impfen zu lassen, dies ist bis zur Fortnahme im Juli 2011 allerdings nicht erfolgt. Ebenso besaßen viele der Hunde viel zu lange Krallen.

Die Welpen litten unter starkem Wurmbefall, was die aufgeblähten Bäuche bereits einen Laien erkennen ließen. Auch wenn es finanziell für die Klägerin nicht möglich gewesen sei die Tiere zu behandeln, hätte sie auf die Hilfe Dritter zurück greifen müssen.

Die Klägerin dazu: Sie bereutedie ganze Situation. Sie sei nicht mehr Herrin des Geschehens gewesen, als ihre Hündin unbemerkt von einem fremden Rüden gedeckt worden sei. Damit lief alles aus dem Ruder. Mittlerweile bewohne sie eine größere Wohnung und gehe auf Minijobbasis arbeiten. Auch ihr Fehlverhalten habe sie eingesehen.

Jedoch geht das  Gericht davon aus, dass die Klägerin weiterhin derartige Verstöße begehen werde. Sie sei nicht offenkundig willens oder nicht in der Lage, Tiere ordnungsgemäß zu ernähren und unterzubringen. Es sei den Hunden auch nicht die notwendige Aufmerksamkeit erbracht worden. Sonst wären die aufgeblähten Bäuche der kleinen Hunde, die viel zu langen Krallen, die starke Unterernährung mit teilweise Sichtbarkeit der Rippen und Dornfortsätze aufgefallen und sie hätte dagegen etwas unternommen.

Ein milderes Mittel wie Auflagen und weitere Kontrollen hätten von der Behörde nicht mehr getroffen werden müssen, die Erfolgsaussichten in dieser Hinsicht seien gering gewesen. Weiterhin mussten die tierschutzwidrigen Zustände nicht weiter geduldet werden.

Es ist der Klägerin freigestellt erneut einen Antrag auf Wiedergestattung der Tierhaltung zu stellen, jedoch ist dafür eine eventuelle lange, erfolgreiche Tätigkeit im Tierheim und einer dahingehenden Verbesserung ihrer Kenntnisse erforderlich.

Zoophilie

Sexuelle Handlungen ( Zoophilie) an Tieren dürfen mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden

(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.12.2015
– 1 BvR 1864/14 -)

Mit am 18. Februar 2016 veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Ordnungswidrigkeitentatbestand im Tierschutzgesetz nicht zur Entscheidung angenommen. Danach können sexuelle Handlungen mit Tieren, durch die sie zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen werden, mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.

Die zwei Beschwerdeführer fühlen sich zu Tieren sexuell hingezogen. In Anbetracht des vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzwecks ist der durch das Verbot bewirkte Eingriff in das sexuelle Selbst­bestimmungs­recht der Beschwerdeführer verfassungs­rechtlich gerechtfertigt. Der Ordnungs­widrigkeiten­tat­bestand genügt darüber hinaus den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 3 Satz 1 Nr. 13 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), wonach es verboten ist, ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen oder für sexuelle Handlungen Dritter abzurichten oder zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen. Verstöße können nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 TierSchG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Die zwei Beschwerdeführer fühlen sich zu Tieren sexuell hingezogen und sahen in der Vorschrift einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG); im Übrigen verstoße § 3 Satz 1 Nr. 13 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen und unmissverständlich entschieden, dass die angegriffenen Vorschriften nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen.

Der Tatbestand des § 3 Satz 1 Nr. 13 TierSchG wird in doppelter Hinsicht durch die Merkmale der „sexuellen Handlung“ und des „Zwingens“ zu einem „artwidrigen Verhalten“ begrenzt. Diese unbestimmten Gesetzesbegriffe sind zwar weder im angegriffenen Tierschutzgesetz noch in der Gesetzesbegründung definiert. Sie sind aber der näheren Deutung im Wege der Auslegung zugänglich; die Bedeutung etwa des Begriffs des „Zwingens“ ergibt sich im Zusammenhang des Gesetzes in Abgrenzung zu einem bloßen „Abverlangen“ und setzt ein Verhalten voraus, welches mit der Anwendung von körperlicher Gewalt vergleichbar ist. Auch im Übrigen ist davon auszugehen, dass im Wesentlichen Einigkeit über den Bedeutungsgehalt der Begriffe besteht und sie in Anknüpfung an den Alltagssprachgebrauch durch die Gerichte weiter konkretisiert werden können.

Keine Grundrechtsverletzung

Das BVerfG sah auch keine Grundrechtsverletzung in dieser Vorschrift . Der Einzelne müsse, soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird, staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots ergriffen werden.

Tierschutz schränkt sexuelle Selbstbestimmung ein

Der Schutz des Wohlbefindens von Tieren durch einen Schutz vor artwidrigen sexuellen Übergriffen sei legitimes Ziel. Diesem in § 1 Satz 1 TierSchG zum Ausdruck kommenden Grundprinzip komme nach Art. 20a GG Verfassungsrang zu.

Verhältnismäßigkeit bejaht

Auch bejahten das Gericht die Verhältnismäßigkeit der Regelung. Die Schwere des Eingriffs stehe nicht außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg. Zwar greife § 3 Satz 1 Nr. 13 TierSchG in die sexuelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer ein. Der Tatbestand greife jedoch nur, wenn das Tier zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen wird. Zudem hat der Gesetzgeber hier nicht die Handlung unter Strafe gestellt, sondern die Norm als bloße Ordnungswidrigkeit ausgestaltet, deren Verfolgung und Ahndung dem Opportunitätsprinzip folge und damit im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt.

 

 

 

 

 

Tierarzthaftung

Tierarzthaftung: Umfang der Beratungs- und Aufklärungspflicht

(OLG Hamm, 03.11.1999, Az.: 3 U 65/99)

Orientierungssatz

 1. Ein Tierarzt schuldet neben der Behandlung auch die Beratung und Aufklärung über deren Vor- und Nachteile, über etwaige Risiken und hat dabei die erkennbaren Interessen des Auftraggebers und die rechtlichen und sittlichen Gebote des Tierschutzes zu berücksichtigen (Anschluss BGH, 1982-01-19, VI ZR 281/79, NJW 1982, 1327). Die Beratungs- und Aufklärungspflicht erstreckt sich jedoch nicht auf Komplikationen, mit denen normalerweise nicht gerechnet zu werden braucht (Anschluss BGH, 1980-03-18, VI ZR 39/79, NJW 1980, 1904).

2. Ein Tierarzt muss daher nicht auf das (bis zum Behandlungszeitpunkt nahezu unbekannte) Risiko der Todesfolge bei intramuskulärer Injektion (hier: des Medikamentes Prävakun) in den Hals eines Pferdes aufklären.

Sachverhalt:

Der Beklagte ist Tierarzt und wurde von der Klägerin, von Beruf Friesenpferdezüchterin, dazu beauftragt ihre fünfjährige Friesenstute mit dem Influenza-Impfstoff Cavallon IR zu impfen. Die Impfung sollte intramuskulär verabreicht werden. Unmittelbar nach der Injektion kollabierte die Stute. Der Beklagte injizierte intravenös daraufhin Prednisolon, ein Cortisonpräparat sowie Effortil, ein adrenalinartiges Präparat, woraufhin das Pferd verendete. Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von 70.000 DM nebst Zinsen in Anspruch und ging nach dem unterliegenden Urteil des Landgerichts, beim OLG Hamm in Berufung. 

Die Entscheidung des OLG Hamm:

Ebenso wie die Vorinstanz gab das Gericht der Klägerin nicht Recht. Für einen Schadensersatzanspruch aus Delikt (§ 823 BGB)http://dejure.org/gesetze/BGB/823.html konnte das Gericht keinen Behandlungsfehler durch schuldhafte Verletzung von Sorgfaltspflichten feststellen. Die Vorgehensweise des Beklagten entspräche bei einer Injektion dieser Art der Behandlung de lege artis, so der hinzugezogene Sachverständige. Dass der Beklagte nach der Injektion keinen Aspirations- oder „Ansaug“-versuch durchgeführt haben soll, wurde nicht als bewiesen erachtet. Zwar sei der Tod eines Tieres bei Injektionen dieser Art möglich, aber derart selten, dass dies in der Fachliteratur nahezu unbekannt sei. Die Vergabe von einem adrenalinhaltigen Medikament sei in dieser Lage die erforderliche Maßnahme gewesen, welche vorliegend auch durchgeführt wurde.

Eine ärztliche Beratungspflicht hat der Beklagte nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht verletzt. Diese beinhaltet zwar grundsätzlich die Aufklärung über Vor- und Nachteile der Behandlung und über etwaige Risiken und hat dabei die erkennbaren Interessen des Auftraggebers und die rechtlichen und sittlichen Gebote des Tierschutzes zu berücksichtigen (BGH NJW 1980, 1904). Dennoch wurde die mangelnde Vorwarnung auf das Todesrisiko des Pferdes nicht als Beratungsfehler angesehen, da sich die Beratungs- und Aufklärungspflicht nicht auf Komplikationen erstreckt, mit denen normalerweise nicht gerechnet zu werden braucht (BGH NJW 1980, 1904). Das zum Zeitpunkt der Behandlung bestandene Todesrisiko war keinem der Parteien auch nur im Ansatz bekannt und allgemein nahezu nicht zu erkennen. Das Gericht war der Ansicht, dass auch bei entsprechendem Hinweis des Beklagten über die theoretische Gefahr, das Verenden des Tieres nicht ausgeblieben wäre, da die Klägerin das Pferd bei derart geringem Risiko dennoch hätte impfen lassen und weiterhin auch bei ihren übrigen Pferden nicht meidet.